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Es werden Posts vom Juni, 2016 angezeigt.

Die Zigeunerin mit dem kopflosen Pferd

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Hufe schlagen auf das Kopfsteinpflaster während der Nachtnebel den Hügel vom Meer hinauf zur Kirche zieht und alles in sich verschlingt. Nichts ist zu sehen, nur das Getrappel eines Pferdes schallt von den Wänden der Häuser wider. Es ist das weiße Pferd der Bartira, der jungen, schönen Zigeunerin, der Tochter des Clanchefs. Die Zigeuner hatten ihre Zelte auf der Wiese unterhalb der Kirche aufgeschlagen, die von den ersten gottesfürchtigen Siedlern gebaut wurde. Es war ein schwülheißer Sommertag, zu heiß zum Arbeiten, zu heiß zum Sitzen, zu heiß für alles. Bartira schnappte sich ihre weiße Stute, ihre treue und stete Begleiterin und machte sich auf den Weg zur nahegelegenen Meeresbucht. Mit einem Sprung ins Wasser wollte sie sich Abkühlung verschaffen. Zum letzten Mal in ihrem Leben sah sie über die Bucht. Dann tauchte sie in die Schwärze des Todes. Mit dem Kopf prallte sie auf den Felsen. Pampa, ihr Pferd, trottete ohne Bartira zurück zum Platz des Lagers. Erschrocken vom Auftau

Wachsende Bambus-Pergola

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Die Pergola wächst. Nach der Regenperioda gab es ein paar trockene Tage und wir konnten endlich mit ihrem Aufbau bei der Ademadam beginnen. Die Pergola gehört zu einem Projekt, mit dem die Kleinlandwirte der Region gestärkt und letztlich auch der Tourismus gefördert werden sollen. Entstehen wird dazu mitten im historischen Zentrum vom Städtchen Antonina ein "Espaço Gourmet" mit einer offenen Küche und einer Gaststube im Freien. Gemüse und Zutaten werden von den Kleinlandwirten Antoninas kommen. Sie sind es auch, die ihre Erdfrüchte in kulinarische Köstlichkeiten verarbeiten werden. Gesetzt wird dabei auf nicht herkömmliche aber in Südamerika heimische Gemüsearten, wie Taioba oder Manã Cubiu. Von uns gibt es dazu die Pergola für die Freiluft-Gaststube. Noch gibt es einiges zu tun. Aufgestellt ist aber schon das Grundgerüst. Die sechs Pfeiler müssen nur noch an ihrer Basis mit Beton ausgegossen werden, um ihnen mehr Stabilität zu verleihen. Der "Sonnenbrecher&

Polarluft zum Trocknen von Bambus

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Eine Woche Sonnenschein, sternenklare Nächte und Polarluft. Es ist, mit Verlaub, saukalt. 1,9 Grad war die niedrigste Temperatur bisher. Allerdings hängt das Außenthermometer an der Hauswand. Fern davon dürfte es um die Null Grad gewesen sein. Vortrocknen von Bambusstangen, mit Hilfe von Feuer Zum Glück vertreibt tagsüber die Sonne ein wenig die Kälte und wärmt die Luft auf 17 bis 18 Grad. Genau das richtige Wetter, um die Bambusstangen endlich zu trocknen, nachdem sie ohne Nachhilfe bei der hohen Luftfeuchte alleine dazu wahrscheinlich Monate benötigen würden.. Ein wenig habe ich nachgeholfen, ein kleines Feuerchen gemacht und sie darüber vorgetrocknet, um dann eine nach der anderen mit dem Bunsenbrenner zu trocknen. Die größten sind so weit fertig, dass ich sie verwenden kann. Es fehlen aber immer noch so um die 50 dünnere Bambusstangen. Die gehen aber schneller zum Trocknen als die großen. Die Zeit drängt. Schon am Samstag soll die Bambus-Pergola aufgestellt werden. In de

Giftige Coral an Kälte gestorben

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Giftige Schlange Coral trotz auffälliger Zeichnung relativ gut getarnt Eine nächtliche Temperatur von 8,7 Grad und eine Luftfeuchte von 76 Prozent waren selbst der Coral (Micurus corallinus) zu kalt. Da lag sie am Wegesrand und hat sich nicht bewegt. Zuerst dachten wir, sie ist nur steif vor Kälte. Normalerweise ringeln sich die Schlangen aber an irgendeinem geschützten Fleckchen unter Holz und Laub, in Astgabeln und in Hohlräumen von Steinaufschüttungen oder Bäumen ein. "Unsere" Coral lag einfach nur da, ausgestreckt und ungeschützt. Alessandro hat sie mit dem Stecken aufgehoben, um sie zu einem geschützten Ort zu bringen, weg vom Wegesrand, wo sie jemand finden und töten kann. Die meisten Menschen hier sehen bei Schlangen rot und töten sie erst einmal, auch wenn das nicht notwendig ist. Unsere Coral hat sich auch dann nicht bewegt, als Alessandro sie mit dem Stock hin und her bugsiert hat, damit er sie vorsichtig aufgabeln kann, ohne sie zu verletzen und sich einer

Türstock mit Oberlicht

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Türstock mit Oberlicht für unsere Haustür, die zur kleinen Bambus-Terrasse führt. Und fertig ist der vorerst letzte Türstock. Gebaut aus dem, was andere als unbrauchbar weggeworfen haben und versetzt mit einem Oberlicht. Statt 200 Reais oder mehr für einen Türstock mit Glaseinsatz auszugeben, haben wir zum Selbstbau gegriffen. Den Hauptteil haben wir aus Cambará gebaut, ein relativ widerstandsfähiges Holz, das von den in Südamerika heimischen gleichnamigen Bäumen (Gochnatia polymorpha) stammt. Für das Oberlicht habe ich Reste von Kiefernlatten verwendet, die ich mit einer Fräse für den Glaseinsatz versehen habe. Die Blenden stammen von den Resten einer Sockelleiste, die der Nachbar nicht mehr gebraucht hat. Ich glaube das Holz ist Pinho. Es ist hell, leicht und harzig. Das Ganze hat Alessandro mit einem Stain auf Wasserbasis und ohne Schwermetalle eingepinselt. Entstanden ist damit ein Öko-Türstock. Vor das Oberlicht hat er ein Tatu, ein Gürteltier, von einem Kunsthandwerker au

Dank Streik Brot aus Reismehl

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Weil es zu kalt ist, als dass ein Hefeteig wirklich gehen würde, habe ich mich heute beim Brotbacken auf eine andere Technik verlegt. Ja, ich backe Brot, weil immer noch gestreikt wird und es deshalb keine Busse gibt, mit denen ich in die Stadt zum Brotkaufen fahren könnte. Also backe ich. Cleia hatte mir vor ein paar Tagen aus Curitiba Reismehl mitgebracht und gleich ein Rezept für ein glutenfreies Brot dazu gelegt, in dessen Teig statt Hefe Bachpulver kommt. Der erste Versuch schmeckte allerdings eher wie ein mit irgendetwas gefülltes Brot. Beim zweiten Versuch habe ich das laut Rezept vorgesehene Glas Speiseöl einfach durch zwei Esslöffel Olivenöl ersetzt und den Teig zäher ausfallen lassen. Das Ergebnis ist ein nussig schmeckendes Brot, das leider so gut schmeckt, dass ich es beinahe schon ganz aufgegessen habe. Zum Glück ist es ohne Gluten und soll gesund sein. Es soll auch nur wenige Kalorien haben. Vielleicht macht es ja dann auch nicht ganz so dick, wenn ich statt ein paa

Glastropfen an Blättern

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Es geht einfach nicht. Mir fehlt schon wieder ein halbes Jahr. Da helfen auch zwölf Jahre Brasilien nicht. Meinem Gefühl zufolge ist in ein paar Wochen Weihnachten. Wollpulli und heißer Zimttee gegen das nasskalte Wetter und der noch in der Luft liegende Duft der von mir gerade aufgegessenen Orange sind untrügliche Zeichen. Jetzt hätte ich gerne einen Lebkuchen. Die Nachbarin hat Pinhão vorbei gebracht. Vier Zentimeter große Pinienkerne von den Zapfen der Araukarienbäume, die auf dem Hochplateau von Curitiba wachsen. Sie erinnern mich an heiße Maroni und den "Maroni-Mann", der in den späten Herbstmonaten und im Winter in Freising am Marienplatz seine dampfenden Maronis feil geboten hat. Ein weiteres Weihnachtszeitzeichen. Der Juni ist der Monat des Einmummelns. Es regnet ohne Unterlass. Es ist kühl. Statt zu pflanzen, zu mähen und im Freien zu arbeiten, bleiben wir im Haus. Winter, und im Winter ist Weihnachten. Sogar die an den Blättern hängenden Tropfen erinnern mi

Champagner Orangen schlemmender Zuckervogel

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Jetzt hat er sie entdeckt, die Orangen. Bisher hat sich der Cambacica lediglich an Bananen und Goiaba (Guaven) gütlich getan. Heute haben wir ihn beim Verspeisen der Laranja champagne erwischt. Meiner bittersüßen Lieblingsorangen. Da saß er mitten im Bäumchen unter den Blättern, damit er nicht so naß wird vom feinen Dauerregen. Mit einem kleinen Löchlein hat es angefangen. Das hat er nach und nach erweitert, um schließlich ganze Stückchen der Orange herauszureißen und genußvoll in seinem Kehlchen verschwinden zu lassen. Durch nichts hat sich der kleine gelbbraune Vogel mit der weißen Augenbinde stören lassen, auch nicht durch Alessandro, der eigentlich ein paar der letzten Orangen pflücken wollte. Als Alessandro zu einer der Orangen griff, ist einfach ein paar Ästlein höher gehüpft, um zu warten, bis der Mensch wieder weg ist. Immer weiter hat er sich vorgefressen, bis er ganz in die Orange hinein schlüpfen konnte und vom Regen vollends geschützt war. Hervorgelugt hat nur sei

Streik gegen Schere von Arm und Reich

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Da stehe ich an der Bushaltestelle und warte und warte und warte. Wer nicht kommt, ist der Bus. Logo, Busfahrer und Cobradores (Busschaffner) streiken. Das habe ich schon vor ein paar Tagen im Face gelesen. Dass sie aber ausgerechnet die Landlinie bestreiken, hätte ich nicht gedacht. Die Grundversorgung sollte aufrecht erhalten bleiben, hat es geheißen. Was sich dahinter verbirgt, ist allerdings ein Geheimnis. Die 40 Kilometer von der Stadt bis zum abgelegenen Dorf Bairro Alto scheinen nicht dazu zu gehören. Vielleicht liegt es auch daran, weil die Landbevölkerung weniger aufmupft, als es die Stadtmenschen tun. Sie werden ohnehin nur mit fünf Bussen täglich versorgt, in denen wir uns wie Sardinen quetschen, um in die Stadt und wieder nach Hause zu kommen. Und jetzt? Aus dem Zwiebelkorb gähnt mir eine Leere entgegen. Die Zahnpastatube habe ich schon aufgeschnitten, um die letzten Restchen rauszustreichen. Ich muss in die Stadt und es kommt kein Bus. Was gäbe ich jetzt für mein B

Spaziergang mit Momo

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Ach, sagt Kater Momo, lass uns ein wenig spazieren gehen, durch den Regenwald, in dem es gerade einmal nicht regnen tut. Lass uns schnell gehen, bevor der Regen wieder loslegt. Du kannst mich dann auch Huckepack nehmen, damit wir schneller gehen und auch wieder trocken ins warme Häuschen kommen. Also gehen wir einen Regenpausenspaziergang einlegen. Wer kann Kater Momo schon so eine Bitte ausschlagen? Ach ist das schön. Na, dann reib ich dir vor lauter Dank auch ein wenig deinen Arm ein bisschen plank....

Rettungsaktion für giftige Viper

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 Der Nebelniesel taucht Wald und Wege in ein tiefes Grau. Auch heute ist es wieder kühl und nass. Wäre es wärmer gewesen, wäre der kleine Zwischenfall mit der Jararaca nicht so glücklich verlaufen. Sie hat sich auf vor der Holzwand unter dem Dachvorstand des Hauses vom Nachbarn im Trockenen eingekuschelt. Regungslos liegt sie da auf dem Plastikwasserrohr, als Alessandro den Hahn aufdreht, um den Nachbarshund mit frischem Wasser zu versorgen. Erst jetzt sieht er das kleine braune Knäuel, aus dem ihm reglos zwei Augen entgegen schauen.  Von dem reflexartigen Rückzug seiner Hand lässt sich die giftige Viper nicht stören. Nicht einmal ein Z üngeln ruft es hervor. Bewegungslos ist sie auch noch, als wir zur Rettungsaktion ansetzen. Mit dem Stecken stupst Alessandro eine aufgeschnittene PET-Flasche unter sie und schubst sie mit der Steckenspitze hinein. Erst jetzt streckt sie die Zunge raus, sondiert ihre neue Lage und zeigt sanfte Lebenszeichen. Ohne jegliche Fluchtversuche lässt sie s