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Es werden Posts vom April, 2015 angezeigt.

Unsichtbare Besucher

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Seht ihr ihn? Beinahe hätte ich ihn mit meiner Hand zerquetscht. Aus Versehen. Zu seinem Glück habe ich mich kurz unter ihm am Baum festgehalten, als ich versucht habe, dem Schlamm auszuweichen. Eigentlich müsste ich es wissen, dass ich auf der Hut sein muss. Unsichtbare Besucher gehen bei uns ein und aus, geben sich ihr Stell-dich-ein und verblüffen mich immer wieder mit ihrem Mimikry. Wer sie nicht kennt, sieht sie nicht. Und selbst wer sie kennt, muss sich anstrengen, sie zu sehen. Sie selbst sind sich so sicher, dass sie nicht gesehen werden, dass sie gar nicht erst einen Fluchtversuch unternehmen, wenn ich mich tapsig annähere. Hier noch zwei Beispiele:   Während die Flügel des Nachtfalters in der Frontalansicht mit der Baumrinde zu einem grau-braunen Gemälde verschmelzen (siehe oben), ist sein plüschartiger Körper knall-orange mit schwarzen Punkten. Aber von unten bekommt ihn ja keiner zu sehen. Außer es kommt so ein nerviger Mensch vorbei wie ich und setzt i

In die Seele eingebrannt

Für meine Nichten, Neffen und Freunde, die nach "Tschernobyl" geboren sind,  Als ihr auf die Welt gekommen seid, hat kaum mehr einer über die Katastrophe geredet, die das Leben von Millionen von Menschen in Europa über Jahre hinweg beeinträchtigen wird. Ihr mögt in der Schule vom Unfall im Kernkraftwerk im ukrainischen Tschernobyl gehört haben. Vielleicht habt ihr auch am 11. März 2011 vom Kernreaktor in Fukushima in Japan gehört oder die Bilder im Fernsehen gesehen. Bei mir haben sich die Tage und Wochen nach dem ersten "beinahe GAU", wie sie die Reaktorkatastrophe damals genannt haben, in die Seele eingebrannt. Nichts ist seitdem mehr sicher, auch nicht die angeblich sicherste Technologie der Welt. So wie eure Oma sich immer an die Bomben und Schrecken des Krieges erinnern wird, werden mich die Erinnerungen an Tschernobyl begleiten. Das, was ich und viele Menschen im Südosten Deutschlands, in Bayern, und in Österreich erlebt haben, ist vor eurer Geburt passie

Abiu - In Vergessenheit geratene Früchte

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Jean hat ein Dutzend Abiu gebracht. Gelbe, runde Früchte, die in der Amazonasregion Brasiliens heimisch sind und sich in der Mata Atlântica, dem atlantischen Regenwald, entlang der Küste verbreitet haben. Zu kaufen gibt es die Früchte der abiu nicht. Die meisten Menschen hier kennen sie nicht einmal. Sie sind in Vergessenheit geraten. Apfel, Banane und Orange haben sie verdrängt. Gaben der Erde: abiu, Orangen, eine rote Maracuja aus unserem Garten und drei kleine Kürbisse, die von unserer diesjährigen Kürbisproduktion übrig geblieben sind Im Garten von Alessandros Oma stand einer dieser abiu-Bäume. Im April bis Mai sind vor drei Jahrzehnten jedes Jahr wieder die Buben seine Zweige hinauf geklettert, um die Früchte zu ernten. Ein zartes, herrlich süßes Aroma, versteckt in einem weichem Fruchtfleisch war ihre Belohnung. Wer allerdings eine abiu pflückte, die noch nicht reif genug war, hatte das Nachsehen. Aus der Schale der Frucht fließt beim Anritzen ein Saft aus, der die Lippen

Recycling von Osterschwammerln

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Meine Ostereiervernichtungsaktion war von einem wahren Kopftrainingsspiel begleitet. Als ich das Schokoei aus siner grünen Zelophanhaut schäle, fallen mir folgende Zeichen auf: eine Art Schwammerl, aus dessem Hut ein Pfeil entwächst, ein sich öffnende Blütenknospe, ein schneeweißes Rechteck und ein hohles Quadrat. Alle mit einem Pfeil ausgestattet, über dem sich jeweils ein Quadrat  mit einer technischen Hieroglyphe befindet. Das letzte Quadrat zeigt ein Männchen, das irgendetwas in eine der beiden abgebildeten Abfalltonnen wirft. Darunter befindet sich außer einer grünen Fläche nichts. Ich stopfe mir ein Stückchen Schokolade, angereichert mit Splittern von Paranüssen, in den Mund und mache mich an die Entschlüsselung. Über dem Schwammerl ist ein Dreieck mit einer fünf in der Mitte und einem PP darunter. Irgendetwas mit Recycling muß es sein, weil über dem hohlen Quadrat "Papel" steht, Papier. Aber was macht der Schwammerl da und die Knospe und wo ist das Papier? Beim

Zum brasilianischen Osterfrühstück gibt's bayerischen Osterfladen

Mit ihren großen Kastanienaugen sieht sie mich ernst an. "Ich muß die Spuren wegwischen", sagt sie und schrubbt mit einem Putzlumpen den gefließten Boden. Drei weiße Punkte rechts, drei weiße Punkte ein wenig nach vorne versetzt links, die Spuren des Osterhasens. Denen ist sie in der Früh gefolgt, um ihr Nest, gefüllt mit Schokolade, zu finden. Jetzt will die vierjährige Raffa eine Wiederholung. Wenn keine Spuren mehr da sind, weiß der Osterhase nicht mehr, dass er schon hier gewesen ist, dann kommt er vielleicht noch einmal, erklärt sie und putzt weiter. Alle Schwestern mit ihren Männern, Kindern und Enkelkindern sind zum Osterfest gekommen, haben sich im Haus einer der Schwestern getroffen, 25 Tanten, Onkel, Cousins und wir mittendrinnen, sitzen an der weißen Tafel zum Osterfrühstück. Jeder hat etwas mitgebracht. Ich habe einen echten, bayerischen Osterfladen gebacken. Zwei Kilo Osterfladen zwischen Herzen aus Maiskuchen, Panetone, Vollkornbrot, Semmeln, Honigmelonen, Pap

Libanesisches Ofentürl als Ostergeschenk

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Habe ein Ofentürl geschenkt bekommen. João und Roseli haben es gebracht. Vor einiger Zeit habe ich schon ein "chapa" von ihnen bekommen, die Eisenplatte des Ofens mit ihren Ringeinsätzen. Wir hatten sogar schon einmal einen kleinen Lehm-Ziegelofen gebaut, um es auszuprobieren. Alessandros Onkel war ganz begeistert davon und hat darauf galinha caipira mit Polenta gekocht, gekochtes Huhn. Dann mussten wir den Ofen aber wieder abbauen, weil wir genau dort, wo er stand, mit dem Hausausbau begonnen hatten, um endlich aus unserem 12 Quadratmeter Holzhäuschen herauszukommen. Jetzt steht das chapa angelehnt an der Wand und wartet auf seinen Einsatz. Mit dem neuen, gebrauchten Ofentürl dazu wird es irgendwann einen wunderschönen Holzofen ergeben. João und Roseli leben in der Großstadt. Dort durchforsten sie immer wieder die Alteisenhändler. Aus Gewohnheit, wie João sagt. "Fundição Libaneza" steht auf meinem Ofentürl. Die Firma gibt es sogar noch. Sie stellt nach wie

Zum Erntedank gibt es ein Karfreitags-Osterfeuer

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Alessandro beim Rückschnitt der Tahiti-Limone, die  auf unserer  Obstwiese wächst. Vielleicht werden wir heute abend ein kleines Karfreitagsfeuer machen und später über der Glut ein paar in Bananenblätter eingewickelte Fische grillen. Nachbarin Cida hat fünf Tilapien und zwei Traira gebracht. Drei große Fischteiche zieren ihr sítio, das etwa zwei Kilometer von uns entfernt ist. Cida angelt gerne, ißt aber keinen Fisch. Die Tilapien, die zu den Buntbarschen gehören, stammen eigentlich aus Afrika. Weil sie nicht gerade hohe Anforderungen stellen und sich stark vermehren, gelten sie in Brasilien als hervorragende Zuchtfische für Teichanlagen. Zumindest in Südbrasilien gehört zu einem richtigen Sítio unbedingt ein Teich mit Tilapien. Wir werden einen Teich anlegen - ohne Tilapien. Stattdessen kommen die einheimischen Traira, Kará und Bagres rein. Die mag hier keiner. Die Traira erinnert mich aber an die Hechte und den Hechtsee, in dem ich als Kind immer gebadet habe. Außerdem ist s