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Es werden Posts vom April, 2020 angezeigt.

Coronavirus: Keine Busse, kein funktionierender Geldautomat und nur noch digitale Rechnungen

Gestern ist Cida vorbeigekommen. Ihr kleines Anwesen ist gut einen Kilometer von unserem entfernt. Sie wollte wissen, ob sie noch offene Rechnungen beim Stromversorger Copel hat. Jetzt in Zeiten von Coronavirus verschickt das halbstaatliche Unternehmen keine Rechnungen, um Postboten und Bevölkerung zu schützen, wie sie argumentieren. Statt auf Papier gibt es die Rechnungen momentan nur auf dem Bildschirm. Dass 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung kein Internet haben, um diese abrufen oder ansehen zu können, ist bei der Umstellung auf Digital wohl keinem eingefallen. Vor allem auf dem Land gibt es kein Telefon-Festnetz, das Breitband liefern könnte und auch kein Handysignal. Aber selbst wenn es dies gäbe, wäre ein Teil der Landbevölkerung gar nicht in der Lage, die in Brasilien hohen Kosten dafür zu tragen. Wir haben vor ein paar Jahren ein System mit Antenne, Verstärker und Ruraltelefon installiert, mit dem wir ans Internet kommen. Das ist allerdings langsam und oft instabil, aber imm

Isolierte Küste

Weil viele der Städter immer noch die soziale Isolation für Ausflüge an die Küste nutzen, gibt es jetzt an den Zufahrtsstrassen Kontrollen. Dort wird Fieber gemessen und gefragt, wohin sie wollen. Durchgelassen wird nur, wer beispielsweise mit einer Stromrechnung nachweisen kann, dass er hier wohnt. Ausgenommen von der Sperre sind Frachtlieferungen. Irgendwie kommt aber trotzdem nicht mehr alles zu uns herunter. Vagner hat einen kleinen Tierfutterladen. Einmal im Monat ruf ich ihn an. Dann packt er Hühner-, Hunde- und Katzenfutter auf sein Motorrad und fährt es zu uns heraus in den Wald. Er sagt, bei der letzten Lieferung, die er erhalten hat, war schon kein Hundefutter mehr dabei. In den Supermärkten gibt es noch alles. Nur vor dem Gas-Geschäft, da gibt es lange Warteschlangen. Irgendwie hat sich in Brasilien das Gerücht verbreitet, dass das Gas knapp wird. Also will jeder vorsorgen. In Brasilien wird vor allem auf dem Gasherd gekocht. Theoretisch wäre bei uns diese Woche der Gask

Osterfest

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Wünsche euch allen ein frohes Osterfest! Wie wir Ostern begehen?  Ohne "Oascheibn" und Eier, weil unsere Hühner gerade nicht legen.  Der Nachbar sagt, in der Karwoche legen Hühner keine Eier. Das ist so und fertig.  Drei Eier habe ich aber noch. Mit denen werde ich einen Schokoladekuchen backen, um uns das Ostern zu versüßen. Wer weiß, wenn das Wetter hält, werden wir abends vielleicht einen Fisch in ein Bananenblatt einwickeln und über Feuer braten. Sehr leckere Angelegenheit. 

Bunter Mundschutz

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Der Bürgermeister unseres kleinen Hafenstädtchens ist Mediziner. Zahnarzt. Also versucht er vorzubeugen, ruft zum Daheimbleiben auf. Antonina hat keinen Covid-Fall und ist abgelegen. Aber, es pendeln täglich dutzende das Küstengebirge hinauf nach Curitiba oder in die Hafenstadt Paranaguá zum Arbeiten. Wer weiß, ob dabei nicht auch der Coronvirus bei der Heimfahrt mitkommt. Die Capelistas - so heißen die in Antonina Geborenen - sind ein fröhliches Volk. Abends wird flanniert, auf den Straßen geratscht und in den Bars gemeinsam ein Bier getrunken. Das passt nicht wirklich zu den Quarantäne-Empfehlungen des Bürgermeisters. Deshalb gibt es jetzt einen toque de recolher. Damit das keiner vergisst, kurvt durch die Straßen Antoninas tagsüber ein carro de som, das über Lautsprecher alle auf die nächtliche Ausgangssperre  hinweist. Unterlegt ist die Ansage mit fröhlicher Musik. Vor ein paar Tagen hat der Bürgermeister eine weitere Maßnahme erlassen. Alle müssen jetzt im öffentlichen Raum

Zahnärztliche Notfallbehandlung in Coronazeiten

Seid ihr während der Coronazeit schon beim Zahnarzt gewesen? Ich war es. Am Sonntag. Notfallbehandlung. Die hat irgendwie in einer anderen Galaxis stattgefunden. Von außen sah es aus, wie eine ganz normale Praxis. Das änderte sich nach dem Überschreiten der Türschwelle. Aus dem hinteren Bereich des Raumes forderte mich eine Stimme auf, erstmal meine Hände zu waschen. Dann rauschte eine Frau, von der nichts außer Schutzkleidung und hinter einer Brille steckenden Augen zu sehen war, Richtung Eingangstür, um sie abzuschließen. Mehr als einer darf nicht rein, wegen Corona, erklärte sie mir. Sie, die Zahnärztin, die einzige, die sich in Antonina und der Nachbarstadt Morretes für eine Behandlung am Wochenende bereit erklärt hat. Mein Drama hat am Samstag mit Höllenschmerzen angefangen. Einen besseren Zeitpunkt hätte es gar nicht geben können. Samstag und Corona. Dürfen Zahnärzte jetzt überhaupt arbeiten? Alessandro telefonierte sämtliche im Internet aufgestöberte Nummern von Zahn

Das Coronavirus sorgt für Distanz im Regenwald

Bin heute zur Nachbarin rüber gestiefelt. Sie hat etwa 200 Meter weiter ein kleines, grünes Holzhäuschen. Eigentlich lebt sie in der 100 km entfernten Stadt Curitiba, kommt aber regelmäßig mit ihrem Mann zu ihrer Datscha, dem Wochenendhäuschen im Grünen. Seit zwei Wochen hat sie sich nun dort gemeinsam mit ihrer 79-jährigen Mutter einquartiert, um dem Coronavirus in der eng besiedelten Stadt zu entgehen. Sie bleibt zwei Meter vor mir stehen. Auch im Regenwald halten wir Distanz. Statt dem in Brasilien üblichen Begrüßungsbussi gibt es ein fernes Namaste mit Verbeugung. Als wir die Köpfe wieder heben und uns in die Augen blicken, sagt sie entschuldigend: "Das ist jetzt unsere Begrüßung, du weißt schon, Corona." Das gleiche hat sie an den Tagen davor auch schon gesagt. Wenn es mir als Deutscher schon schwer fällt, jetzt bei der Begrüßung Abstand zu halten, wie seltsam muss es dann für die Brasilianer sein, die ihrer Kultur zuwider nun völlig auf Bussi und Umarmung verzichten

Wir und der Coronavirus

Wie ist das bei euch mit dem Coronavirus? Ich denke mal, so ähnlich wie bei euch. Aber lasst mich euch erst einmal einen allgemeinen Überblick über die Zahlen geben, bevor ich euch erzähle, wie sich das Virus auf unser Leben auswirkt. Der erste Covid-19-Fall Brasiliens wurde am 26. Februar vermeldet. Einen Monat später heißt es, dass Brasilien noch am Anfang der Krise steht. Am Dienstag (31. März) wurde die Zahl der in Brasilien mit dem Coronavirus Infizierten mit 5.717 angegeben. 201 Menschen sind in den knapp fünf Wochen seit dem ersten Coronafall an den Folgen von Covid-19 gestorben. Der Schwerpunkt der Infizierten liegt mit 2.339 Fällen und 136 Toten in São Paulo. Das wird von Rio de Janeiro mit 708 Covid-19-Fällen und 23 Toten gefolgt. Im Bundesstaat Paraná, zu dem unser Munizip Antonina gehört sind bisher 179 Menschen Covid-19 positiv getestet worden und drei Menschen gestorben. In unserer Küstenregion gibt es offiziell noch keinen Fall. Die Zahlen sind allerdings mit V