Posts

Es werden Posts vom Mai, 2020 angezeigt.

Coronaviruskrise in Brasilien und Antonina: Sehnsucht, Quarantänemüdigkeit und Negativbeispiel

Noch konzentrieren sich die meisten der in Brasilien knapp 350.000 offiziell erfassten  Infektionsfälle auf die großen Zentren. In etwa 40 Prozent der 5.570 Munizipe wurde bisher noch kein Covid-19-Fall registriert. Das gilt vor allem für die kleineren Städte und Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern, zu denen auch Antonina zählt. Studien zeigen aber, dass nach und nach auch immer mehr kleinere Munizipe betroffen sind. Antoninas Präfekt hatte früh reagiert, schon im März eine Ausgangssperre erlassen, zur freiwilligen Quarantäne aufgerufen. Später kamen Straßenblockaden hinzu, um die Einreise von Touristen und Ausflüglern zu bremsen. Ebenso gab es schon früh eine Maskenpflicht. Quarantänemüdigkeit In den ersten Tagen war ich erstaunt, wie viele sich freiwillig an die Regeln hielten. Das war Anfang April. Bei meinem jüngsten Zahnarztbesuch (Ja, ich habe immer noch Zahnprobleme) in der Stadt sah es anders aus. Die Straßen waren nicht mehr leer. Es hätte auch irgendein Tag vor

Tod durch Coronavirus: Cousin gestorben

Jetzt ist es passiert. Am Freitag ist ein Cousin von Alessandros Mutter am Coronavirus gestorben. 52 Jahre. Ohne jegliche Vorerkrankungen, schlank, sportlich. Eine Nummer in der kalten Statistik. Nach der sind im Bundesstaat Paraná 2.242 Menschen auf Covid-19 positiv getestet worden, 123 sind an den Folgen der Krankheit gestorben. Eine der Nummern steht für Alessandros Großcousin. Als wir am Freitag davon erfahren haben, haben wir es noch für ein Gerücht gehalten. Nichts wies in den sozialen Netzwerken auf seinen Tod hin. Ich habe gestöbert, um zu erfahren, ob es stimmt. Aber kein einziger Post im Netz der Verwandschaft hat ihn erwähnt. In Vor-Coronavirus-Zeiten war das anders. Starb ein Verwandter oder Freund gab es Gedenkbilder, Geschichten und Beileidserklärungen in Facebook. Über S. ist eine dicke Schweigedecke gelegt worden. Keinen Anruf hat es gegeben, wie sonst üblich, der Zeitpunkt und Ort des velórios (Totenwache) bekannt gegeben hätte. Es gab kein velório. Es gab keinen

In Antonina macht sich Quarantänenfrust breit

Es ist  schon interessant, wie wir Menschen funktionieren. Vor zwei Monaten, zu Beginn der Coronavirus-Pandemie in Brasilien, war ich positiv erstaunt über das Verhalten der Antoninler. Die Strassen waren leer, die meisten Geschäfte geschlossen. Jetzt zählt das Land offiziell etwa 13.000 Tote und über 189.000 Infektionsfälle. Die tatsächlichen Zahlen liegen allerdings wesentlich höher. Laut verschiedenen Studien sind die Infektionszahlen um 10 bis 14 mal höher, weil bisher nur die schweren Verläufe getestet werden. Eine hohe Subregistrierung gibt es ebenso bei den Todesfällen. Angesichts der horrenden Zahlen und der täglich im Fernsehen ausgestrahlten Dramen, die sich in etlichen überfüllten Krankenhäusern abspielen, wäre eigentlich ein Abschreckungseffekt zu erwarten. Davon ist jedoch nichts zu merken. Die Strassen Antoninas sind wieder voller, die meisten Geschäfte geöffnet und Passanten mit Mundschutz in der Minderheit, auch wenn der Bundesstaat Paraná eine Maskenpflicht verordn

Von mobiler Grippeimpfung überrascht

Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie wir an die Grippeimpfung kommen. Die nächsten Postos de saúde (Gesundheitsposten) sind sechs bis acht Kilometer von uns entfernt. Ohne Auto und ohne Bus ist die Distanz gigantisch. Die Postos sind auch nicht ständig geöffnet. Der am Rio do Nunes funktioniert nur zwei Tage in der Woche. Der andere nur wenige Stunden am Tag. In Brasilien gibt es gerade eine Kampagne zur Grippeimpfung. Wegen dem Coronavirus wurde sie verstärkt, um einen zusätzlichen Druck auf die Krankenhäuser zu vermeiden. Heute morgen standen dann plötzlich zwei Krankenschwestern oben an unserem Eingang. Ob wir schon geimpft seien, wollten sie wissen. Schwupps zückten sie Dokumente und Spritze und wir hatten völlig unerwartet unsere Grippeimpfung bekommen. In Antonina hat  die Landbevölkerung bei der Gesundheitsversorgung bis vor wenigen Jahren eher ein vergessenes Dasein geführt. Die Gesundheitsposten haben nur teilweise funktioniert und wer in der Stadt behandelt w

Coronavirus: Statt Fisch nur Foto

Beinahe hätte uns Anna 30 Kilo Fisch gebracht. Ja, 30 Kilo Meeresfische, Parati (Kapitänsfisch), Linguado (Flunder) und andere. Anna lebt zwischen Curitiba und der Ilha do Mel, die Insel auf der einst das Haus von Alessandros Großmutter und Urgroßmutter stand. Springfluten haben es weggeschwemmt. Anna und Alessandro versuchten, die Reste, Bretter und Balken am Strand aufzusammeln und weiter abseits des Meeres eine neue Bleibe für sie zu errichten. Aber das Meer züngelt auch schon dorthin. Anna war mal wieder auf der Insel. Da hat sie, wie sie das immer tut, gefischt. Weil der Fang so groß war, wollte sie uns davon etwas abgeben. Sie hat Parati, Linguado, Krabben und Muscheln  zwischen Eis in die Styropor-Kühlbox gelagert und wollte auf dem Heimweg nach Curitiba einen Abstecher zu uns nach Antonina machen. Bis zur Nachbargemeinde Morretes ist sie gekommen. Da wurde sie aufgehalten. Antonina und Morretes haben "barreiras sanitárias" errichtet, Straßensperren. Die darf nur