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Es werden Posts vom November, 2014 angezeigt.

Subtropische Lebkuchen

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"Lebkuchen backen", steht in meinem Kalender.  Ausrufezeichen! Das Thermometer zeigt 33 Grad im Schatten, herrlichstes Sommerwetter. Nicht gerade die besten Bedingungen, um sich an das Weihnachtsplatzerlbackgedöhns zu machen und den Backofen anzuheizen. Mir läuft der Schweiß auch ohne Backofen von der Stirn. Außerdem passt das alles nicht zusammen. Weihnachten findet im Winter statt, sagt mir meine innere Stimme. Dagegen kommt auch die Vernunft nicht an, die mir sagt, dass Weihnachten in den Subtropen eine Sommerangelegenheit ist. Es ist Sommer, es ist warm und das Biergarten-Badeweihergefühl ist da. Dagegen kommt die Bald-ist-Weihnachten-Realität nicht wirklich an.  Stellt euch mal vor, ihr sitzt gerade unter dem Kirschbaum. Die Grillen zirpen so vor sich hin. Der Duft der gemähten Wiese streicht euch um die Nase und es ist herrlich, sommerlich warm. So warm, dass selbst das ärmellose T-Shirt zu viel ist. Hin und wieder wischt ihr euch die kleinen Schweißt

Blühende Kläranlage

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Unsere Kläranlage blüht. Helikonie der Mata Atlântica Wie in vielen Städten Brasiliens gibt es auch in Antonina keine Kanalisation. Vor einem Jahr wurden zwar über eine Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um das System einzurichten, viel passiert ist seitdem aber nicht. Auch war keine Rede davon, eine Kläranlage zu bauen. Mit dem Geld sollten lediglich die Häuser des Stadtzentrums an die Kanalisation angeschlossen werden. Momentan geht das meiste Abwasser direkt ins Meer oder in die Bäche und Flüsse.  Auf dem Land benutzen sie einfache Versatzgruben, durch die das Abwasser in den Boden versickert. Dabei bietet sich das subtropische Klima geradzu an für Pflanzenkläranlagen. Anders als in Deutschland sind keine fünf Quadratmeter pro Einwohnergleichwert notwendig. Es gibt keinen Winter und der Umsatz ist enorm. Trotzdem sind sie kaum verbreitet. Sie beschränken sich vor allem auf ein paar Vorzeigeprojekte und Privatanlagen. Wir haben auch eine gebaut. Ihr vorgeschalt

Eisenhaltiger Goldschatz zu Tage gefördert

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Es ist schon interessant, was Menschen so alles machen, wenn sie gerade nichts zu tun haben. Alessandros Onkel ist auf den Detector gekommen. Das entspannt ihn, sagt er. Ist fast wie Meditation. Also latscht er jetzt übere unsere Obstwiese, schwenkt das Ding hin und her so als würde er die Wiese mähen wollen. Schade, dass keine Sense vorne dran ist, sondern nur das runde Detectorteil, das Metall aufspüren soll. Alessandro und ich dackeln hinterher, mit der Hacke und dem Spaten in der Hand, um die Ausgrabung zu übernehmen, falls es piepsen sollte. Es piepst nicht, außer, wenn ich dem Ding mit der Schaufel zu nahe komme, dann schlägt es schlimmer als jeder Wecker Alarm. Plötzlich piepst es doch. Der Onkel gibt Aweisung, dass wir ganz vorsichtig nur die Grasnarbe beseitigen sollen. Dann fährt er mit dem Ding über den offenen Boden und nichts piepst mehr. Aha. Der Schatz muss in der Grasnarbe sein. Wir zerstückeln und zerkrümeln die Grasnarbe und werden tatsächlich fündig. Unser erste

Wonnemonat November mit Begonien und Vanille

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Wenn ich in Europa wohnen würde und nach Brasilien reisen wollte, würde ich den November als Reisezeit wählen. Obwohl, wahrscheinlich wüßte ich dann gar nicht, dass der November einer der besten Reisemonate für den Süden Brasiliens ist. Tagsüber mit 30 bis 34 Grad schön warm und nachts mit 15 bis 20 Grad angenehm kühl. Es regnet nicht so viel und es ist Vorsaison, in der Hotels und Pousadas billiger sind. Der südbrasilianische November ist dem europäischen Mai sehr ähnlich. Vieles blüht und gedeiht und macht dem Wonnemonat alle Ehre. Dabei finde ich es jedesmal wieder erstaunlich, wenn ich so durch den Wald streife und Pflanzen entdecke, die in deutschen Blumenläden als Zimmer- oder Zierpflanzen verkauft werden. Beim heutigen Waldspaziergang mit den Hunden habe ich gleich zwei blühende Besonderheiten entdeckt. Ihr kennt sie beide, die eine von den Gräbern, die andere vom Gebäck. Die eine ist eine Wildform der Begonien, die - warum auch immer - zumindest noch vor zehn Jahren in Deu

Schneiderfahrt zum Eiscremepot

Wenn zwei "Caboclos" in die Stadt fahren, erleben sie die tollsten Sachen. Zum Beispiel stellen sie ganz erstaunt fest, dass Feiertag ist und fast alle Geschäfte deswegen geschlossen sind, dass mitten in der Stadt eine Bühne aufgebaut ist, auf der Gospelsänger auftreten,dass feiertags Bäcker und Barber geöffnet sind, während Bars und Kneipen die Rollläden herunter gelassen haben. Mit Caboclos werden hier die Menschen bezeichnet, die auf dem Land leben, deren Schulausbildung nur rudimentär ist, die die moderne Welt nur aus dem Fernseher kennen. Ursprünglich waren die Caboclos Nachkommen von Europäern mit den Indios, eigene Randgesellschaften, die in keiner der beiden Kulturen mehr heimisch waren. Wir waren nicht die einzigen Caboclos im Bus. Dona Cida, unsere Nachbarin hat auch eine Schneiderfahrt hingelegt. Dabei haben wir uns bei der Hinfahrt alle so gefreut, dass der Bus so schön leer war. Die Sitzplätze waren zwar alle besetzt, aber immerhin gab es nicht das übliche Ge

Unser ganz privater Jurassicpark

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Riesenechsen beim täglichen Katzenfutterklau Schatz! Was? Schnell!  Wow, so was habe ich noch nicht gesehen. Schnell! Was denn? Statt eine Antwort abzuwarten, drehe ich den Wasserhahn der Dusche zu. Man weiß ja nie. Ruck zuck werfe ich mir ein Handtuch über während ich gleichzeitig in die Zehenlatschen schieße um eine Millionstelsekunde später die neu eingesetzte Badtür aufzureißen. Ich bin mir sicher, das war eine Rekordreaktionszeit. Alessandro steht vor der geschlossenen Fliegengittertür und schaut nach draussen. Mist. Du warst zu langsam. Kann nicht sein. Ich war ewig schnell. Ich tropfe sogar noch vor Wasser. Nicht einmal abgetrocknet habe ich mich. Als ich seinen Augen folge, sehe ich einen der Lagartos. Riesenechsen. Die stattlichen Dionsauriernachkommen gibt es in der warmen Jahreszeit zu Hauf. Sie haben eine spezielle "Sítio Verde Tour" entwickelt. Wenn sie morgens aus ihren Erdhöhlen schlüpfen, staken sie zuerst zum Kompost, um z

Schaumparty mit Katzenhütte

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Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche zieh'n.... das Plastikröhrchen draufschrauben, die Dose nach unten halten und dann sanft drücken. Ich drücke. Es kommt nichts. Drücke fester und es kommt immer noch nichts. Drücke mit aller Kraft und bratsch, eine Schaumexplosion zischt durch die Fuge hindurch, landet auf dem Deckel der Kloschüssel, der Kloschüssel selbst, deckt den schwarzen Papierkorb mit weiß-gelben Schaumbällen ein, macht aus der Wand eine Pickelpiste, dem Boden ein Schwammerlparadies. "Dona Gabriela, wenn etwas davon auf dem Boden fällt, mußt du es schnell wegwischen, sonst klebt es für immer und ewig und felsenfest", schallt  noch der Hinweis von Nachbar Renato in meinem Kopf. Mist. Mist. Mist. Die Katze versucht den Schaumball an der Wand einzufangen. Der klebt ihr das Fell zusammen.  Alessandro übernimmt den Türrahmen, füllt die Fugen mit viel Gefühl und Schaum. Ich schneide den Klebeball aus Katzens Fell, versuche Klobrille,

Nächtlicher Schlangenbiß

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Eine etwa einen Meter lange Jararaca. Eine giftige Viper an der Hausseite, die wir zum betonieren des Umgangs vorbereitet haben. Alessandro ist kaum zur Tür raus, um Wasser aus dem Brunnen zu holen, als er "iihhhhhhhhhhhh, Gabriela" ruft. "Hol die Katzen", befiehlt er. Mehr muss er gar nicht sagen. Ich weiß sofort Bescheid, nehme das Futter und rufe die Katzen. Alle kommen, bis auf Bolinha. Sie sitzt wackelig vor dem Haus. Wie angewurzelt steht Alessandro an der Hausecke und starrt in die Dunkelheit. 21 Uhr und Regen. Irgendwo in der Dunkelheit muß die Schlange sein. Ich sehe nichts. Alessandro gibt Anweisungen, wo ich hinsehen soll. Erst als sich die Jararaca bewegt, sehe ich sie, wie sie versucht, an der Hauswand ein Versteck zu finden. Alessandro hat gesehen, wie Katze und Viper vor ihm vom Baum gefallen sind, der neben dem Haus steht. Obwohl ich weiß, dass die Jararacas nachtaktiv sind und auch auf Bäume klettern, um dort Vogelnester auszurauben, bin i

Schachtelwerk zu Allerheiligen

Allerheiligen ist immer ein spezieller Tag für mich. Der Geburtstag meines Sohnes George. 22 Jahre würde er heute werden. Sein Grab ist auf dem Bergfriedhof in Kiefersfelden. Das Grab meines Vaters und drei meiner Kinder. Meine Ma hat Bodendecker und Rosen geschnitten und es mit einem Gesteck in Herzform versehen. Meine Schwester wird heute dort Kerzen anzünden. Auch in Brasilien haben die Menschen in den vergangenen Tagen die Gräber vorbereitet. Laut Verordnung hatten sie bis zum 30. Oktober dafür Zeit. Viele sind aber auch heute noch damit beschäftigt, die Steine abzuwaschen, Plastikblumen vom Staub zu befreien und Kerzen aufzustellen. Wer es sich leisten kann, kauft Chrysanthemen und andere Blumen als Schmuck für die Gräber. Der Friedhof von Antonina befindet sich wie der in meiner Heimat an einer Hügelflanke. Von Weiten schon prägt er sich ins Sichtfeld ein. Fast wirkt er wie eine kleine Stadt in der Stadt. Statt Erdhügel in Reih und Glied stapelt und schachtelt sich hier Mauer