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Es werden Posts vom Mai, 2007 angezeigt.

Ich hab's getan

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Ich hab's getan. Mitten im Mai habe ich Lebkuchen gebacken. Mit dem Backofen habe ich die gute Stube eingeheizt und gleich noch so um die 60 Weihnachtsplätzchen gebacken. Kein einziges davon ist mehr übrig. "Ich steh' nicht so auf Süßes", sagte Alessandro und hat zugegriffen. Eins nach dem anderen verschwand in seiner Hand. Zuerst zögerlich griff Nachbarssohn Kleversohn zu. Dann verschwand er. Wenig später stand er mit einer Tüte in der Hand auf der Türschwelle und bot ein Tauschgeschäft an: heisse Pinhões, eine Art Maroni, gegen warme Lebkuchen. Ruckzuck wurde so der Lebkuchenberg vertilgt. Abgesehen von der Lebkuchenorgie ist noch mehr passiert. Ich war beim Glaser. Habe ein Angebot eingeholt und unsere Vermieterin davon überzeugt, dass Fenster mit Scheiben besser sind als ohne. Wieder zum Glaser gelaufen, und Scheiben bestellt. Am Freitag waren sie da, haben Gläser in die Rahmen gesetzt und mit kleinen Nägeln fixiert. Nur mit Kitt haben sie die Scheiben noch nicht
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Ich habe es verschlafen, das Muttertagsfrühstück. Die Mädels vom Supermarkt hatten mich extra eingeladen. Eigentlich wissen sie, dass meine Kinder Engelkinder sind. Die letzte Fehlgeburt liegt erst ein paar Wochen zurück. Umso mehr hat mich die Einladung gefreut. Im Supermarkt hatten sie schon gestern abend damit begonnen, einen Tisch zu dekorieren und mit Leckereien aus der Bäckerei zu bestücken. Heute um elf Uhr war es dann so weit. Ich saß bequem am Küchentisch als es mir einfiel. Schnell in eine Hose geschlüpft und losmarschiert. Bis ich ankam, war schon alles abgeräumt. Es täte ihm ja richtig leid, sagte der Supermarktsleiter. Mit so einem Ansturm hätte selbst er nicht gerechnet. Ruckzuck waren alle 200 Rosen verteilt und das Frühstücksbüffet leergeräumt. Beim nächsten Muttertag, im nächsten Jahr, rufe er mich an, um mich zu erinnern, verspricht er ganz so, als beginne das nächste Jahr schon morgen. Schade. Ich hatte mich darauf gefreut. Nachher werde ich wohl selbst ein paar Lec

Fensterln

Bevor es ans Fensterln geht noch eine Nach-Nachricht. Papa-Notiz Der Pabst fliegt. Jawoll. So haben es zumindest ein paar Reporter berichtet. "Der Pabst fliegt", haben sie gesagt und nach kurzem Überlegen noch den Ort des Geschehens hinzugefügt: im Hubschrauber. Fensterln Ab Montag wird es wärmer im Haus. Das heisst, wahrscheinlich wird es Dienstag werden, bis es soweit ist. Am Montag will der Glaser nämlich erst einmal die Fenster vermessen, um dann das Glas zuzuschneiden und dann einzusetzen. Ich habe versucht, die Vermieterin davon in Kenntnis zu setzen. Eigentlich hätte ich auch gerne gehabt, dass sie die Verglasung bezahlt oder ich die Kosten zumindest von der Miete abziehen kann. Nur, Dona Joana war nicht zu erreichen. Auf dem Anrufbeantworter habe ich ihr Nachrichten hinterlassen. Zurückgerufen hat sie bisher nicht. Gut, es sind erst zwei Tage vergangen. Mir war es jetzt aber Einerlei, ob Dona Joana Glas will und ob sie zahlt oder nicht. Ich habe einfach beschlossen,

Es papat

Es papat. Seit Wochen schon. Längst vor der Ankunft des Papas, des Pabstes Bente XVI. haben wir erfahren, auf welchem Stuhl er sitzen, von welchem Teller er essen, in welchem Bett er schlafen wird. Tische, Stühle, Bett wurden eigens für den hohen Besuch angefertigt, möglichst simpel, ohne Pomp, auf ausdrücklichen Wunsch des Pabstes, wie es hieß. Jugendliche eines Projektes haben die Möbel geschreinert. Jetzt ist er da, der Papa und jeder seiner Schritte wird genauestens verfolgt, gefilmt, gezeigt. Ein wenig erinnern mich die Live-Übertragungen an die von der Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana vor so etwa 25 Jahren. Ein gold-rotes Logo erscheint, getragene Musik ertönt und schon sind tausende von Menschen zu sehen, die vor dem Kloster São Bento in São Paulo darauf warten, dass der Papa auf dem Balkon erscheint. Das tut er. Seit seiner Ankunft gestern nachmittag ist er dort sechsmal erschienen, hinter einer schusssicheren Glasscheibe. Er Lächelt, breitet die Arme aus, spendet den

Wer zahlt, schafft an

Eigentlich wollte ich mich ja weniger entrüsten. Ein paar Themen gibt es aber, bei denen will ich gar nicht, dass mir das gelingt. Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umweltschutz, sind solche Themen. Deshalb hier ein paar Informationen anhand eines ganz realen traurigen Beispiels zu genau diesen Themen: Wer zahlt, schafft an. Angeschafft wurde wohl auch der Mord an dem brasilianischen Journalisten Luiz Carlos Barbon Filho. Er sass in einem Strassencafé in einer Stadt etwa 228 Kilometer von São Paulo entfernt, als zwei Männer auf einem Motorrad anhielten, zielten und schossen. Es könnte ein Auftragsmord sein, mutmasst die Polizei. Feinde hatte er einige. Er schrieb über die Machenschaften einiger Politiker und Firmeninhaber. Im Jahr 2003 deckte Luiz Carlos Barbon Filho einen Skandal auf, in dem Vereadores, so etwas wie Stadträte, und Firmeninhaber verwickelt waren. Fünf Stadträte, vier Firmeninhaber und ein Kellner wurden angeklagt Sexorgien mit Minderjährigen organisiert und an ihnen tei

Schluss mit Schildkröte

Wir sind postlos. Ihr könnt mir jetzt Briefe schreiben, so viel ihr wollt, Pakete schicken, bis zum Abwinken. Ich werde sie nicht bekommen. Die Postfiliale, die aus einer Reihe von Schliessfächern bestand, die von einem freundlichen älteren Herren befüllt wurden, ist verwaist. Keiner verteilt mehr Briefe, Karten und Benachrichtigungen auf die Fächer, oder ordnet sie alphabetisch, für diejenigen, die kein Postfach haben. Keiner läuft mir mehr auf der Strasse hinterher, wenn ein Paket für mich angekommen ist. Sie haben “Tartaruga”, Schildkröte”, wie unsere Poststelle hiess, einfach geschlossen. Jetzt hängt am Supermarkt ein kleines Schild mit der Aufschrift “Post”. Schliessfächer gibt es dort nicht, auch das nicht, was zu einer Poststelle gehört: Briefe. Die liegen alle irgendwo in Matinhos, der Stadt, zu der unsere Siedlung gehört. Die ist nur etwa 14 Kilometer von hier entfernt. Wir könnten jetzt einen Kurierdienst einrichten, um dort unsere Post abzuholen. Das ist aber auch nicht so e

Walpurgisnacht

Jippih, Walpurgisnacht und der Mond, "a lua", also eigentlich die Mondin ist fast voll. Ob ich tanzen draussen ein wenig tanzen soll? Danach wäre mir ja schon. Es ist ein laues, angenehmes Nächtchen. Nicht mehr so schwül wie im Sommer und noch nicht so kalt wie im Winter. Ja, ein wenig hat es hier schon abgekühlt, Ursel. Noch finde ich die Tagestemperaturen aber ganz angenehm. Zum Glück hat es entgegen der Wetterankündigungen nur wenig geregnet. Heute war sogar ein Sonnentag. Eigentlich wollten wir uns Räder von den Scholzes ausleihen. Die waren aber nicht zu Hause. Wahrscheinlich waren sie beim Agrar- und Kunstfest in Morretes. Das ist eine kleine Stadt im Kolonialstil, idyllisch mitten in den Bergen gelegen. Dort bauen ein paar kleinere Bauern Bananen und Ingwer an. Frischer Ingwer ist eine leckere Sache. Er ist nicht so knochentrocken wie der, den ich sonst in Deutschland immer gekauft habe. Ausserdem ist er etwas sanfter, nicht ganz so scharf. Vielleicht schaffen wir es j