Nächtlicher Schlangenbiß

Eine etwa einen Meter lange Jararaca. Eine giftige Viper
an der Hausseite, die wir zum betonieren des Umgangs vorbereitet haben.


Alessandro ist kaum zur Tür raus, um Wasser aus dem Brunnen zu holen, als er "iihhhhhhhhhhhh, Gabriela" ruft. "Hol die Katzen", befiehlt er. Mehr muss er gar nicht sagen. Ich weiß sofort Bescheid, nehme das Futter und rufe die Katzen. Alle kommen, bis auf Bolinha. Sie sitzt wackelig vor dem Haus.

Wie angewurzelt steht Alessandro an der Hausecke und starrt in die Dunkelheit. 21 Uhr und Regen. Irgendwo in der Dunkelheit muß die Schlange sein. Ich sehe nichts. Alessandro gibt Anweisungen, wo ich hinsehen soll. Erst als sich die Jararaca bewegt, sehe ich sie, wie sie versucht, an der Hauswand ein Versteck zu finden.

Alessandro hat gesehen, wie Katze und Viper vor ihm vom Baum gefallen sind, der neben dem Haus steht. Obwohl ich weiß, dass die Jararacas nachtaktiv sind und auch auf Bäume klettern, um dort Vogelnester auszurauben, bin ich doch schockiert.

Unsere Katzen erlegen immer wieder einmal kleinere Schlangen. Manchmal stolzieren sie mit der Serpente im Maul an, um uns ihre fette Beute vor die Türe zu legen. Auch jetzt sind sie sofort zur Stelle, als sie merken, dass da irgendetwas los ist. Mit Futter und Milch gelingt es mir, sie wieder weglocken.

Alessandro holt eine Kieferlatte aus dem Schuppen, während ich zur Abwechslung in die Dunkelheit starre. Mit der Latte nimmt er die Jararaca hoch. Die versucht erst einmal, die Latte zu beißen, bevor sie sich dreimal um sie herum ringelt.

"Mach' ein Foto", sagt Alessandro.

Als ich versuche, mich mit dem Handy in Position zu bringen, richtet sich die Viper auf, bereitet sich auf ihre  nächste Attacke vor.

"Super, Schatz. Vergiss das mit dem Foto."
"Du mußt keine Angst haben. Sie kann dich nicht erreichen. Außerdem hat sie ihr Gift schon verspritzt."
"Nö du, danke. Ich gehe nicht näher ran."

Werde auf meine Wunschliste eine halbprofessionelle Kamera mit Riesenzoom setzen. Wer weiß, vielleicht wird es nächstes Jahr ja etwas damit. Bis dahin muß das eine Handyfoto reichen.

Ich rüste Alessandro mit der Taschenlampe aus und er stiefelt in Zehenlatschen zur Straße rauf, um dort weiter weg vom Haus die Jararaca auszuetzen. Sie stehen unter Naturschutz und wir leben in ihrem Gebiet. Außerdem erfüllen sie eine wichtige Aufgabe im Ökosystem. Unsere Nachbarn hätten sie wahrscheinlich umgebracht, was nicht viel hilft, da ihr Platz sofort von einer anderen eingenommen wird.

Bolinha ist sichtlich angeschlagen. Ich trage sie ins Haus, flöße ihr ein Medikament gegen allgemeine Vergiftungserscheinungen und zur Stärkung von Leber und Nieren ein. Jetzt heißt es warten und sie alle daumlang mit einer Kochsalzlösung zu versorgen. Ein Gegengift kann ich erst am Montag in der Stadt kaufen. Bis dahin wird Alessandros Mutter kräftig beten, wie sie sagt. Sie gibt noch den Tipp eine Bananenstaude anzuritzen und den Saft der Katze einzuflößen. Alte Hausmedizin von ihrer Großmutter, wie sie erklärt. Sie muß es wissen, befindet Alessandro. Ist seine Mutter doch auf der Ilha do Mel, einer Insel vor der Bucht Paranaguás aufgewachsen, fernab von der Stadt, Ärzten oder Medikamenten.

Bolinha ist nicht die erste Katze, die von einer Schlange gebissen wurde. Manche Katzen haben überlebt, manche sind gestorben. Allerdings hat Bolinha drei Junge, die noch kein Katzenfutter fressen. Ich habe sie ins Nest von Maxi gegeben, die vor ein paar Tagen auch Junge bekommen hat. Um Maxi nicht allzu sehr zu belasten, werden wir die drei Kleinen der Bolinha noch mit Laktosefreier Milch per Flasche versorgen. Wie gut, dass ich keine normale Milch vertrage und immer Laktosefreie im Haus habe.

Frühling und Herbst ist Schlangenzeit. Im Hochsommer ist es mit fast 40 Grad zu heiß und im Winter zu kalt. Bis der Frühling rum ist, werden wir noch einige Schlangenerlebnisse haben. Mit Gummistiefeln und Stecken ist das in der Regel kein Problem.

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