Es geht weiter - Wir bauen ein Holzhaus

 Asche auf mein Haupt. Was soll ich sagen? So lange nicht geschrieben. 

"Es ist Juni", sagt Ursel. Mein letzter Eintrag ist Monate her und der Juni ist auch schon wieder rum. So viel ist passiert und doch wieder nicht wirklich etwas. Doch muss etwas Herausragendes geschehen, damit ich schreibe, euch wissen lasse, was los ist? 

Das Leck an Beiträgen liegt eher an meiner Verfassung. Seit wir mit dem Bau unseres Zimmerls angefangen haben, ist mein Hirn auf Bau fixiert. Ich plane, rechne, messe, hole Kostenvoranschläge ein, vergleiche, kaufe, stapel Holzbretter, Holzbalken, Bodenbretter, Deckenbretter, Nägel, Schrauben, Dachplatten aus Faserzement. Baue mit Alessandro Wände am Boden vor und stelle sie auf, säge Verbindungen der Dachbalken, helfe die über 30 Kilogramm wiegenden Dachplatten in die Höhe zu hieven, hobel Bretter und schleife sie. 

Am Abend bin ich so geschafft, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche, als auf dem Sofa zu liegen und zu dösen. Das Geschirr in der Spüle, Katzen, Hunde und Hühner halten mich davon ab. Jeder will etwas, will Futter, will Gassilaufen, will einen sauberen Stall. Schwiegermutter will essen, will aufs Klo, will ihr Handy, will. 

Mein  Hirn ist derweil damit beschäftigt herauszufinden, wie ich am besten die Fenstereinsätze baue. Dabei sind wir noch weit davon entfernt, die Fenster einzusetzen. Dem Hirn ist das egal, es will schon jetzt alles regeln, die Puzzleteile des Baus zusammensetzen. 

Ich weiß gar nicht mehr, ob ich überhaupt schon vom Bau geschrieben habe. 

Seit zwei Jahren wohnt die pflegebedürftige Schwiegermutter bei uns im Minihaus, das lediglich aus einer Wohnküche und einem Zimmer besteht. Das Zimmer, in dem wir geschlafen haben, hat Schwiegermutter belegt. Wir spielen seitdem Camping in der Küche, breiten nachts Matrazen zwischen Tisch und Minisofa aus. Ein neues Zimmer war deshalb dringend nötig.

Mit dem Betonfundament haben wir schon im vergangenen Jahr angefangen, Löcher gegraben und dann immer wieder das Wasser vom ständigen Regen aus ihnen herausgeschaufelt. Es hat gedauert bis Punktfundament und die Betonstreben fertig waren. Alessandro hatte dazu das Eisen gebogen und verbunden. Mit der Hand hat er den Beton angemischt. Ich habe ausgemessen, wo was hinkommt, Höhe mit dem Nivelliergerät meines Bruders festgelegt und dann Schalungen aus Holzbrettern gebaut. 

Ich komme nicht weiter. Schwiegermutter ruft nach Gloria, der Name eines unserer Hunde, dann nach Maria, eine längst verstorbene Katze. Sie würgt und würgt, will brechen, aber es kommt nichts raus. Sie friert. Blutdruck gemessen, Fieber gemessen, Blutzucker gemessen. Alles im normalen Bereich.

Was hat sie? Ist es ernst? Sie ist schwer einzuschätzen. Will sie Aufmerksamkeit, ist Übertreiben an der Tagesordnung. Öfter schon haben wir alles stehen und liegen gelassen, weil wir dachten, es ist etwas Ernstes, was es dann nicht war. Das ist wie mit dem Jungen, der ruft, der Wolf, der Wolf, obwohl keiner da ist. Als der Wolf dann kam, hat ihm keiner mehr geglaubt.

Alessandro packt sie in Decken gewickelt, mit Wollmütze versehen, in den Rollstuhl. Sie will frühstücken und dann doch nicht. Den Tee, den ich ihr mache, will sie nicht. Alessandro macht ihr einen anderen. Den trinkt sie. Auch ihre Wut auf mich (warum auch immer), ihre Abneigung mir gegenüber, sind nicht neu. Ich halte mich raus. Gehe mit den Hunden eine Runde, versuche, mich zu sammeln. Der Wald schenkt mir Ruhe, bringt mich zurück auf die Erde, während er mich gleichzeitig beflügelt.

Alessandro packt Schwiegermutter wieder ins Bett. Ihre Lebensgeister sind schon ein wenig wacher, aber im Bett ist es wärmer. Wir entscheiden noch ein bisschen zu warten, bevor wir den Arzt rufen. 

Mit dem Bauen wird es heute nicht wirklich weiter gehen. Es regnet und Schwiegermutter will gehütet werden. Ich werde trotzdem ein wenig rumwurschteln, weitere Löcher in das Hartholzbrett sägen. In die kommen dann Flaschenböden rein und das Brett letztlich neben die künftige Glastür unseres Zimmerls.

Unser Bau wird eine Mischung aus der hier im Süden Brasiliens traditionellen Holzbauweise, der amerikanischen Leichtbauweise und ein paar unserer verrückten Ideen. 


Vorderansicht eines unfertigen Holzhauses

Bau des Holzhauses

Inzwischen ist das Haus-Zimmer schon zu erkennen. Für ein besseres Raumklima und um Feuchtigkeit vom Boden zu vermeiden, ist es aufgeständert. Das Silberne unter den Dachplatten ist eine Isolierfolie. Darunter kommt noch eine Schicht Steinwolle zur Isolierung. Um ein Aufheizen zu vermeiden haben wir die Dachplatten zudem mit einer Art Gummischicht bestrichen, die weiß ist, die Sonne abstrahlen und isolieren soll. Die dreifache Isolierung mag übertrieben erscheinen, aber die tropischen Sommer haben es in sich. Ich glaube außerdem, dass sich der Klimawandel nicht mehr wirklich aufhalten lässt, also weiter mit noch heisseren Sommern zu rechnen ist. 

Hinter die Bretterwand kommt auch noch einmal Dämm-Material und dann Gipsplatten (Drywall). Fenster und Fensterwand vorne werden eine Isolierfolie erhalten. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Jetzt werde ich erst einmal den Einsatz mit den Flaschenböden bauen. Der kommt vorne rechts neben die Tür hin.

Achja. Vielleicht wundert ihr euch, warum das Häusle so hoch ist. Das hat sich automatisch so ergeben, weil wir ein großes Gefälle wollten, um bei den tropischen Regengüssen keine Probleme zu haben. Die Höhe haben wir vorne rechts dann noch genutzt und einen mezanino, eine kleine Galerie eingebaut, auf der ein kleiner Schlafplatz für Gäste Platz hat. 

Euch ist wahrscheinlich auch aufgefallen, dass zwischen dem Zimmer und unserem Häusle ein wenig Platz ist. Das ist Absicht. Das neue Zimmerl ist auf der Höhe des alten und jetzt von der Schwiegermutter belegten Zimmerls. Das alte Zimmerl hat nach 16 Jahren Regenwald an einer Kante eine morsche Stelle. Wie hier so üblich, ist es einfach auf Ziegelsteine gesetzt. Ziegel ziehen aber Feuchtigkeit und die zerstört auch Hartholz. Wir müssen es deshalb abreissen und wieder neu aufbauen. Das ist natürlich mit dem neuen Zimmerl auf Abstand einfacher. 

Jetzt gehe ich erst einmal raus, ein wenig weiterarbeiten. Wenn ich heute abend noch Nerven habe, werde ich euch ein paar Bilder von dem Holzeinsatz hier einstellen. 

Kommentare

mondin hat gesagt…
Donnerwetter, Respekt!!
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Ein wenig Muffensausen hatte ich schon, ob das alles so hinhaut, wie wir uns das ausgedacht haben. Aber schön langsam wird es.... :)

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