Nächtliches Spektakel


Mit viel Rauch und einem Feuerwerk wurde es angekündigt, das nächtliche Wahlspektakel. Am Nachmichttag sind Gruppen von Fahnen tragenden Männer und Frauen durchs Viertel gezogen, haben Zettel verteilt und jedem erzählt, dass es am Abend eine Wahlveranstaltung gibt.


Dann haben sie die Strasse abgesperrt, ein Plastikplanenzelt aufgebaut und Luftballons aufgeblasen, sind hupend durch die Gegend gefahren bis es endlich dunkel wurde. Nur ein paar Minuten herrschte Stille, schon ging das Geböller los. Eine halbe Stunde lang liessen sie Feuerwerkskörper knallen, um den nahenden Beginn der Veranstaltung kund zu tun. Hinter dem Zelt ist ein Parkplatz entstanden. Nicht, dass die Menschen aus dem Viertel, dort ihre Autos abgestellt hätten. Die meisten Anwohner besitzen ja nicht einmal ein Auto. Nein, die Wagen stammten alle von den Stadtratskandidaten und deren Begleiter, Familie, Freunde, Parteigönner.



Fahnen wurden geschwenkt, Wahlschlager gespielt mit so tollen Texten wie "Ich hätte gerne Xiquinho (gesprochen Schickinjo) als Bürgermeister, die Stunde der Wahrheit die schlägt schon...", und natürlich durften die 20 Kandidaten auch ein paar Sätze dazu sagen, warum sie glauben, dass sie gewählt werden sollten. Zeit, um Fragen zu stellen, blieb keine. Zwischen Reden und Schlagern gab es Kracher, Böller und Feuerwerksraketen, Jubelrufe, Pfiffe und Gedöhnse.

Nach zwei Stunden Nachtspektakel war es wieder still. Das wird es nun wohl auch für die nächsten vier Jahre bleiben. Denn nach und vor und zwischen der Wahl, vergessen die Kandidaten ganz schnell, dass Matinhos aus noch mehr, als nur dem Stadtzentrum besteht, dass es viele Viertel gibt, und Slums und tägliche Einbrüche, dass Abwasserkanäle fehlen, die Bäche Kloaken sind, Strom- und Wassernetz des öfteren zusammen brechen und auch etliche ihrer Wähler heute nicht wissen, was sie morgen essen können.

Das Geld für die Knallerei, Fahnen und Faltblätter hätte jedenfalls sinnvoller angelegt werden können...

Kommentare

Grey Owl Calluna hat gesagt…
Hallo Gabriela!
Da wird ja ganz schön was los gemacht,...und wofür? Für die Menschen, die da leben eh nicht. Ich denke "die da oben" feiern gern und vor allem sich selbst, und wer dann gewinnt, kann noch mehr feiern.....Was bleibt da für die Menschen??
Ich find solche Wahlspektakel mehr als unschön, denn es verändet sich ja doch nix.....
Liebe Grüße
Grye Owl
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo Grye Owl,
stimme dir vollkommen zu. An die Menschen wird, wenn überhaupt, dann zuletzt gedacht. Hier sind mir bisher leider noch keine glaubwürdigen "Volksvertreter" über den Weg gelaufen. In D kenne ich zumindest ein paar, die tatsächlich zuerst an das Wohl der Gemeinde denken und dafür auch schon mal eigene Ansichten und Parteigezanke hinten anstellen. Das dürftest du hier so ziemlich vergebens suchen. Stadt- und Gemeinderäte sind in Brasilien übrigens Angestellte der Gemeinde und erhalten dafür anders als in D satt Kohle.
Was bin ich froh, wenn das Ganze morgen endlich vorbei ist...
liebe Grüsse
Gabriela
Grey Owl Calluna hat gesagt…
....das glaub´ich Dir gerne!!

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