Zeit zum aus der Haut fahren - Vom Leben der Zikaden



Kopf einer grünen Zikade
Zammara tympanum heißt unsere Regenwald-Zikade, die nicht nur mit ihrer 
knallgrünen Farbe auffällt, sondern auch mit ihren lautstarken Liebesrufen.


Da ist sie mal eben aus der Haut gefahren, die Zikade. An einer Soll-Reißstelle auf dem Rücken hat sich fast unmerklich ein kleiner Schlitz aufgetan. Da hat sie sich gekrümmt, geschoben und gedrückt, bis ihr Rücken draussen war, es kam der Kopf, es kamen die Beine und schwupps hing da nur noch ihre alte Haut alleine.

Leere Hülle einer geschlüpften Zikade
Die Zeit zum aus der Haut fahren erstreckt sich über mehrere Wochen hinweg. Jetzt im Sommer finde ich an Blättern von Sträuchern, Bäumen oder krautigen Pflanzen immer wieder von den Zikaden hinterlassene Hauthüllen. Wie an einem Weihnachtsbaum aufgehängtes Zierwerk, haben sie an manchen Sträuchern gleich mehrere Hüllen hinterlassen. Zikaden scheinen es gesellig zu lieben.

Die Leeren Hüllen sind so intakt, dass sie beinahe aussehen wie das erwachsene Tier selbst, nur ohne Farbe. Viele Zikadenarten sind braun gemustert. Unsere Regenwald-Zikade ist hingegen in schillerende Grün- und Türkistöne getaucht, mit einem roten Punkt auf ihrer "Nase".

Mit der Häutung hat die Zikade übrigens ihre letzte und auch bemerkenswerteste Lebensphase eingeläutet. Es ist schwer, sie nicht zu bemerken. Ihre Liebesrufe können bis zu 120 Dezibel erreichen. Damit kann sie es, was die Lautsärke betrifft, leicht mit einem startenden Flugzeug aufnehmen. 

Nein, wir laufen im Regenwald nicht mit einem Hörschutz herum. Verirrt sich aber eine Zikade ins Haus, wird es hektisch. Ihr Schrillen übertönt alles. Es ist so laut, dass es sich anfühlt, als würden wir direkt neben einem gigantischen Lautsprecher eines Rockfestivals stehen. Es fehlen nur die Bässe. Da helfen nicht einmal die Ohrschützer, die ich aufsetze, wenn ich Holz mit der Handkreissäge schneide. Die einzige Lösung ist, das kleine Insekt mit der großen Lautstärke schnellstmöglichst einzufangen und wieder nach draussen zu bringen. 

Draussen, im Regenwald, brechen sich die von der Zikade erzeugten Schallwellen an den Blättern der Bäume. Dort ist ihr Schrillspektakel zwar immer noch enorm, aber leicht auszuhalten. An warmen Sommertagen ist ihr Schrillen Teil der abendlichen Geräuschkulisse. Wie bei einem Orchester vereinen sich ihre Liebesrufe zu einer Melodie, die in einem steten Rhythmus an- und abschwillt.

Zikaden können übrigens mehrere Jahre alt werden. Allerdings verbringen sie den größten Teil ihres Lebens als Larve unterhalb der Erde, im Wurzelbereich der Bäume. Sind sie einmal aus der Erde einen Ast oder Baum hinaufgeklettert und haben dort ihre Haut hinterlassen, neigt sich ihr Leben dem Ende zu. Dann bleiben ihnen nur wenige Wochen, um eine Partnerin zu finden, sich zu Paaren und mit der Eiablage einen neuen Zikadenzyklus einzuläuten.


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