Hommage an Ozzy Osbourne, unseren Vize-Gockel


Gockel in der Dämmerung auf einem Ast sitzend
Vize-Gockel Ozzy Osbourne als er noch glücklich auf seinem Schlafbaum saß

Noch am Morgen habe ich auf Instagram ein Reel veröffentlicht und geschrieben, dass heute ein guter Tag wird. Das ist er nicht wirklich geworden. Am frühen Nachmittag hören wir ein seltsames Geräusch, gefolgt von aufgeregtem Hühnergegacker. Ich bin gleich los, ums herum gefetzt, hin zu den Hühnern. Da standen sie hinter dem Hundezwinger verstreut und gackerten lautstark vor sich hin. Anton gackerte am lautesten, als wollte er alle rufen. 

Uns war klar, dass mal wieder ein Wildtier versucht haben muss, sich einen Braten zu besorgen. Dieses Jahr hat Ozelot, Wildhund, Fuchs, oder was auch immer für ein Wildtier es ist, schon zwei unserer Hühner gerissen. Jedesmal am hellichten Tag. 

Bis wir zur Stelle waren, war vom mutmaßlichen Räuber  nichts mehr zu sehen. Schnell die Hühner gezählt. Gockel Anton stand vor uns aufgebaut da, neben ihn die weiße Isa. Ludmilla und Brownie hatten zwei Meter weiter im Gebüsch Unterschlupf gesucht. Schon näher am Haus war Woopy Goldberg bei der Suche nach ihrem Nachwuchs zu sehen. Zwei der Küken hatte sie bereits gefunden. Das dritte wurde von Alessandro entdeckt.  Nur von Ozzy Osbourne war weit und breit nichts zu sehen. 

Ozzy, unser Vize-Gockel lebt erst seit ein paar Monaten bei uns. Leider muss ich sagen, lebte. In der kurzen Zeit, in der er seinen großen Kamm von links nach rechts werfend bei uns durch den Garten streifte, war er uns ans Herz gewachsen. Nur in den Hühnerstall wollte er nicht. Stattdessen schlief er des nächtens auf einem Baum. Zu seinem Schlafbaum hatte er den im Frühjahr lila blühenden Manacá-da-serra auserkoren, der oben am Carport steht.

Unser Taxifahrer hatte Ozzy noch an dem Tag als Geschenk gebracht, als der Nachbarshund versucht hatte, sich Gockel Anton unter den Nagel zu reissen. Das ist ihm nicht gelungen, weil ich ihm schreiend und Stöcke werfend hinterher bin. Vor lauter Schreck hat er Anton fallen gelassen. Der Schreck saß auch im Gockel, der gleich das Weite gesucht hat, während ich dem Hund nachgelaufen bin. Anton habe ich an dem Tag nicht mehr gefunden. Das habe ich unserem Taxifahrer erzählt, der zu unserer Überraschung gleich für Ersatz gesorgt hatte. Am Tag danach tauchte dann Anton ein wenig hinkend, aber sonst nur leicht verletzt, wieder auf. Von da an hatten wir zwei Gockel.

Nachdem Anton dem Neuling gezeigt hatte, wo der Bartl den Most holt, teilten sich die zwei redlich die Arbeit eines Gockels auf Sítio Verde. Gockel Nummer Eins, Anton aus Tirol, kümmerte sich um die Legehennen. Ozzy Osbourne widmete seine Aufmerksamkeit Woopy Goldberg und ihren Küken, war immer um sie herum und verlegte seinen Schlafplatz vom Baum herunter auf die Erde, ins Futterlager, dort, wo Woopy sich mit ihren Küken eingerichtet hatte.

Jetzt war er weg. Nur ein paar Federn lagen alle paar Meter herum. Ich habe nicht lange überlegt und bin der Federspur hinterher. Dass ich nur Schlappen an meinen Füßen hatte, fiel mir erst auf, als ich im Wald den Quellbereich überqueren wollte. 

Alessandro hatte mittlerweile die Hunde los gelassen. Die haben sich so gefreut, dass sie zu einer für sie so ungewöhnlichen Zeit plötzlich Freiheit erhalten haben, dass sie zuerst gar nicht wussten, was sie damit anfangen sollen. 

Alessandro war noch kopfloser losgestürmt als ich. Er hatte nicht einmal an Schlappen gedacht und rannte nun nur mit Wollsocken bestückt durchs Gelände. Dass ungeschützte Füße ein wunderbares Schlangenbissziel sein können, daran haben wir beide in dem Moment nicht gedacht.

Irgendwann gelang es mir, Hund Zorro zur Spurenaufnahme zu überreden. Immer wieder habe ich ihm Federn gezeigt, die ich auf dem Waldboden ausmachte. Allerdings wurde die Federspur immer lückiger. Als Zorro begriffen hatte, um was es ging, hat er die Spurensuchführung übernommen und mich noch weiter in den Wald geführt. Dann verlor er die Lust am Spiel. Aber ich war dem Gockel schon nah und fand ihn kurz später, tot im Gebüsch.

Unser armer Ozzy Osbourne. Wahrscheinlich hatte er versucht, Woopys Nachwuchs zu schützen. Denn eigentlich reißen die Wildtiere eher die kleineren Hühner und nicht die großen Gockel. 

Alessandro hat den toten Gockel mit zum Haus genommen. Da rief schon aufgeregt die im Rollstuhl platzierte Schwiegermutter. Sie wusste nicht wirklich was geschehen war, hatte uns nur schreien und rufen gehört. Das galt auch für die Nachbarn. Jeder wollte wissen, was passiert war. Wissen wollten sie auch, ob wir den toten Gockel denn jetzt verspeisen würden.

Nein, das haben wir nicht übers Herz gebracht. Da ist Koji eingesprungen. Der kam am späten Nachmittag kurz zu Besuch, um Brot zu bringen. Er hat den Gockel mitgenommen. 

Ihr fragt euch jetzt vielleicht, warum der Ozzy Ozzy hieß. Das kann ich euch auch nicht sagen. Mir kam einfach Ozzy Osbourne in den Sinn, als der Taxifahrer mir den Gockel überreicht hat. Er war einfach anders, unser Vize-Gockel. 


Kommentare

mondin hat gesagt…
Oh nein, das tut mir leid...

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