Auf Baum wachsender Kaktus - Kakteen des Regenwaldes

 

Fischgrätenkaktus auf einem Baumstamm im Garten wachsend
Mein "Treppen-Kaktus" im Garten

Bei Kaktus kommen euch wahrscheinlich Bilder von Kakteen in den Sinn, die sich in trockenen, semiariden Gebieten in die Höhe recken. Kakteen gelten als die Wahlpflanzen Nummer Eins für Gießmuffel und sie brauchen nicht viel Aufmerksamkeit oder Pflege. Letzteres stimmt. 

Der Beweis dafür ist mein Cacto-escada, mein Treppen-Kaktus. Zumindest nenne ich ihn so. Botanisch heißt er Selenicereus anthonyanus und auf deutsch Königin der Nacht, weil seine Blüten nur eine Nacht lang offen sind, oder Fischgrätenkaktus. 

Vor Jahren hat mir Mari einen Ableger davon geschenkt. Den habe ich gepflanzt und dann vergessen. Eine Woche Starkregen hat dann aber die rund um ihn in voller Wucht wachsenden Helikonien, Calathea und Zierbananen umgedrückt. Die Pflanzeninsel vor dem Haus sah damit natürlich nicht mehr wirklich schön aus. Die Lösung: alles abschneiden. Sie wachsen ja wieder nach. Mitten beim Abschneiden all der umgedrückten Stauden sah ich ihn dann, meinen Treppen-Kaktus, der jahrelang ohne irgendwelche Pflege mitten im Dickicht vor sich hin gewachsen ist. Fazit: Fischgrätenkaktus brauchen keine Pflege.

Kaktus im Dunkeln?

Rhipsalis oblonga, auf einem Baum im Atlantischen Regenwald wachsender Kaktus
Rhipsalis oblonga,
ein Kaktus, der im
Atlantischen Regen-
wald auf Bäumen
wächst
Ja, Kakteen können auch im Dunkeln stehen. Das gilt natürlich nicht für alle Kaktusarten, aber für die meisten, die in Regenwäldern wachsen. Das mag sich jetzt seltsam anhören, aber im Regenwald wachsen tatsächlich Kakteen.

Wälder sind auch die Heimat des Selenicereus anthonyanus. Genauer gesagt, Wälder Mexikos. Dort wächst er nicht auf dem Boden, sondern erklimmt als Aufsitzerpflanze die Baumstämme. Ja, es gibt Kakteen, die Epiphyten sind. 

Auch bei uns in der Mata Atlântica, dem Atlantischen Regenwald, wachsen Kakteen auf Bäumen. Sie benötigen dabei nicht unbedingt Kontakt mit dem Boden. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit des Regenwaldes werden sie mit Wasser versorgt. Das erhalten sie auch über den an Stämmen und Zweigen herabrinnenden Regen, oder wenn sich dieser in Moosen und Flechten ansammelt. 

Allerdings eignen sich weder der bei uns wachsende Rhipsalis oblonga noch der Fischgrätenkaktus für Gießmuffel. Beide benötigen ein gewisses und regelmäßiges Wasserquantum, vor allem auch dann, wenn sie an lichten Plätzen stehen. Pralle Sonne mögen hingegen beide nicht, schließlich haben sie sich an das Leben unter dem dichten Blätterdach des Regenwaldes angepasst und nicht an eine offene Stelle in einer Halbwüste.

Mein Treppen- oder Fischgrätenkaktus hatte Glück. Er hat zufällig genau den Platz erhalten, den er auch in der freien Natur besiedeln würde, mit Halbschatten, genügend Feuchtigkeit und auf einem abgeschnittenen Baumstamm. Durch die Freischneidearbeiten kommt er jetzt auch wieder zur Geltung. Nein, er wird trotzdem nicht in voller Sonne stehen. Herzstück der Pflanzinsel ist ein Baum, der über ihn sein schützendes Blätterdach ausbreitet.

Übrigens kommt auch der in mitteleuropäischen Wohnzimmern weit verbreitete Weihnachtskaktus (Schlumbergera) aus dem Atlantischen Regenwald Südbrasiliens. Solltet ihr ihn mal zu viel gießen oder zu schattig stellen, macht euch keine Sorgen. Er verträgt das. Schließlich wächst er in der Natur auf den Bäumen mitten im Regenwald.

orangefarben blühender Weihnachtskaktus
Der Weihnachtskaktus meiner
Ma, mitten in einem bayrischen
Wohnzimmer. Weihnachtskakteen
stammen aus dem Atlantischen
Regenwald. Dort wachsen sie 
nicht auf dem Boden, sondern
als Epiphyten auf den Bäumen.
(Foto: Swanhild Schuler)



Kommentare

Alexandra hat gesagt…
Völlig abgefahren! Ein Kaktus, der an Farn erinnert, spannend! Danke für's erhellen.

Feuchtigkeitsliebende Halbschattengewächse hätte ich never assoziiert mit Kakteen.
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo Alexandra,
ja, dass Kakteen auch im Halbschatten mitten im Wald wachsen, habe ich auch erst gerlernt, als ich in den Atlantischen Regenwald gezogen bin. Auf "unserem" Stück Regenwald wachsen die Rhipsalis-Kakteen vor allem auf Bäumen, die in der Nähe von Wasser stehen. Am Bach oder am Sumpf sind die Bäume voll mit Rhipsalis-Kakteen.
Du hast recht, jetzt, wo du es sagst, erinnert der Treppen-Kaktus tatsächlich an einen Farn ;)
Alexandra hat gesagt…
Ich hege seit Jahren zwei Monstera, kommt die nicht auch aus dem Regenwald?

Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo @Alexandra,
irgendwie hat er meinen Kommentar an dich nicht veröffentlicht. Toll, dass du eine Monstera pflegst! Ja, die kommt auch aus dem Regenwald. Wir haben sie und eine Verwandte von ihr im Garten gepflanzt. Aber mit deiner Frage nach der Monstera hast du mich zum Nachschauen gebracht. Dabei habe ich dann festgestellt, dass eine, die wir für eine Monstera gehalten haben, gar keine ist. Habe dazu Post geschrieben - Dank dir ;)

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