Virtueller Schulunterricht im Grünen

Virtueller Schulunterricht im Freien
Virtueller Unterricht bei uns im Wald

 Am Montag war bei uns Schule. 

Sophia hatte gefragt, ob sie bei uns ihren virtuellen Unterricht verfolgen darf. Sie war mit ihren Eltern für ein paar Tage der Stadt ins Grüne entflohen. Wegen Corona findet in den meisten Orten Brasiliens seit Monaten der Unterricht über Internet statt. 

Theoretisch ist das eine tolle Sache. Praktisch hakt es. Nicht alle haben Internet. Vor allem die Landbevölkerung ist Internetlos. Es gibt in Brasilien kein flächendeckendes Internet. Und wenn, dann ist es manchmal nur ein Schneckennet, 2G, über das keine Video-Stunden verfolgt werden können. 

Aber auch in den Städten haben nicht alle Zugang. Ein guter Internetanschluss ist teuer. Den können sich viele Familien nicht leisten. Bei etlichen reicht das Geld nur für das Notwendigste, dazu zählt eben kein PC oder Tablet oder Handy oder teurer Internetanschluss. Manche Lehrer besuchen ihre Internetlosen Schüler, bringen ihnen Unterrichtsmaterial mit und sammeln die gemachten Aufgaben ein. In einigen Favelas haben sich Schüler zusammengeschlossen, um Material und Aufgaben auszudrucken und zu verteilen.

Jetzt sitzt Sophia bei uns. "Guten Morgen Sophia. Guten Morgen Márcia." Nacheinander begrüsst die Lehrerin ihre virtuell anwesenden Schüler. "Wo bist du denn?", will sie von Sophia wissen und die antwortet "Auf der 'chácara' in Antonina". 

Dann geht es los. Auf dem Lehrplan stehen die Artikel. Die Lehrerin erklärt, stellt Fragen an ihre Schüler, läßt vorlesen und für Sophia existiert nur noch das vor ihr stehende Handy mit der Live-Übertragung aus dem Klassenzimmer. Alles um sie herum verschwindet. Ob sie beim normalen Unterricht mit Anwesenheit im Schulzimmer auch so konzentriert ist?

Dann ist Pause. In der macht Sophia mit ihrer Ma ein Picknick, Bevor es wieder weiter geht. Nach zwei Stunden ist der Unterricht beendet, sind die Schüler mit Lernstoff, Aufgaben und Material zum Ausdrucken versorgt.

Seit etwa sechs Monaten sind Millionen Kinder und Jugendliche Brasiliens wegen geschlossener Schulen auf alternative Unterrichtsformen angewiesen. Ja, es wird über eine Wiedereröffnung der Schulen diskutiert. Manche Eltern drängen, manche sind dagegen. 

Das Bildungsministerium sagt bisher nichts dazu, aber Bundesstaaten und Munizipe versuchen, Regeln aufzustellen. Ab wann ist es sicher? Welche Vorsichtsmaßnahmen müssen eingehalten werden? 

Noch werden in Brasilien täglich etwa 30.000 Neuinfektionen registriert. Einige Regionen sind stärker, andere weniger betroffen. So wird es wohl Einzellösungen geben. In Paraná bleiben die Schulen vorerst geschlossen. Sophia wird deshalb weiterhin dem virtuellen Unterricht folgen - wer weiß, vielleicht noch einmal bei uns im Wald.


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