Bambusfieber

Vorher:

Nachher:

Dazwischen liegen drei Tage harte Arbeit. Die Pflanze im Hintergrund, das ist Lirio do Breixo. Eine Ausläuferpflanze mit riesigen Rhizomen, die lustig neue Pflänzlein vor sich hintreiben, wenn auch nur ein Bruchteil des Rhizoms liegen bleibt. Also heisst es erst einmal, Pflanze abschneiden und irgendwo zum Komposthügel auftürmen. Dann kommt der Alessandro mit der Hacke und hackt die Wurzeln raus, die wir auch abtransportieren. Es ist eine ganz schöne Knochenarbeit, die für einige Blasen gesorgt hat. Nach fünf Tagen haben wir es aber immerhin schon geschafft, die Fläche für das Hüttlein herzurichten, vier Fundamentpunkte auszuheben und mit Steinen und Sand zu fixieren. Fehlen noch zwei Fundamentpunkte. Die Ziegelsteine, mit denen wir das Punktfundament machen werden, haben wir schon zur Baustelle gebracht. Vier Fahrten zum "Baumarkt-Winzladen", weil die gerade nicht liefern konnten. Bis wir Ziegel, Zement, Kalk und Sand endlich auf der Baustelle hatten, waren etliche Kilometer zurück gelegt - nicht nur mit dem Auto, sondern auch zu Fuss. Von der Strasse aus sind es etwa 500 - 600 Meter Schlammpiste bis zu unserem Grundstück und in den Schubkarren passt nicht so viel Zeugs rein. Der neue Schubkarren ist inzwischen auch schon demoliert. Morgen werde ich erst einmal versuchen, Ersatzteile, Schrauben und Muttern zu bekommen. Dann brauchen wir noch ein wenig mehr Sand, damit wir die Fundamente mauern können. Danach wird das Holz bestellt. Eins nach dem Anderen.


Zwischendurch haben wir noch mal eben einer Japanerin geholfen, eine Art Zeltgerüst aus Bambus zu bauen. Da werden sich nächstes Wochenende ein paar Hundert Japaner treffen. Sie feiern 100 Jahre Auswanderung nach Brasilien. Als Ende des 19. Jahrhunderts auch in Brasilien endlich die Sklaverei offiziell (letztes Land der Erde..) abgeschafft wurde, fehlten den Fazendeiros die Arbeiter. Also haben sie einige im Ausland angeworben, in Japan, Italien, ja auch in Deutschland. Die Armen, sie dachten, sie bekommen hier ein Stück Land, auf dem sie ihre Zukunft aufbauen können. Indes landeten sie bei Ausbeutern, die nicht gerade freundlich mit ihnen umgingen. Nach und nach setzten sich die "Neuen" aber durch, bekamen Land gegen Arbeit oder flüchteten und nahmen sich das, was ihnen versprochen worden war. Deutsche Siedlungen, italienische Siedlungen und eben auch japanische Siedlungen entstanden. Dort, wo die japanische Siedlung begann, lebt eine japanische Familie mit einer Frau namens Marçia. Ich habe sie neulich kennen gelernt. Jemand hatte mir erzählt, dass sie Bambus anbaut. Also hatte ich mich auf die Suche gemacht und bin fündig geworden. Riesige Bambushorste stehen auf ihrem Gut. Sie nutzen den Bambus aber nur sporadisch, um Sprossen zu gewinnen und manchmal auch, um ein wenig Bambusstangen zu verkaufen. Die Stangen haben einen Durchmesser von fast 20 Zentimetern. Gigantisch schön. Marçia hatte mich gleich eingeladen, ihr und einem ihrer Freunde beim Bau des Zeltgerüstes zu helfen. Das konnte ich nicht ausschlagen, konnte ich so doch noch ein wenig dazu lernen. Leider hat sich der Freund, der etwas von Bambus verstehen sollte, als völliger Bambuslaie herausgestellt. Wer ein wenig mehr verstand, war der 83-jährige Vater von Marçia, der zusammen mit uns die Leitern rauf und runter geklettert ist, 25 Meter lange und etliche Kilo schwere Bambusstangen mit uns geerntet und transportiert hat und eine beneidenswerte Kraft und Ausdauer an den Tag legte. Das Zeltgerüst steht und ist ziemlich einkrachsicher, auch wenn wir statt richtigen Verbindungen nur Draht verwendet haben, um die Stangen zu sichern. Den Bambus haben wir auch nicht behandelt, nicht bei abnehmenden Mond geerntet und auch nicht in der Trockenzeit, noch haben wir ihn selbst trocknen lassen. Das bedeutet, dass er so nur eine kurze Haltbarkeitszeit haben wird. Marçia sagt, er braucht nicht zu halten, weil nach dem Event das Zelt wieder abgebaut wird. Dann wird sie mir die Stangen schenken. Damit können wir dann schon einmal eine Art offenen Schuppen bauen. Ich werde die Stangen dann aber erst noch nachtrocknen und die Verbindungen modifizieren. Ein Grundstock ist also schon gelegt. Ausserdem werden wir morgen den Restbambus abholen, ein paar jüngere, nicht so dicke Bambusstangen und Latten, die wir nicht verwendet, im Überschwung des Eifers aber geerntet haben. Der erste Grundstock ist gelegt.


Der zweite Grundstock ist auch schon gelegt. Die gelben Rippchen dort oben, das sind Samen von Guadua chacoensis, einer einheimischen Bambusart. Ich habe sie über die Bambusgruppe im Internet gekauft. Hoffentlich gehen ein paar der Samen auf. Nach drei bis vier Wochen sollen sich die ersten Sprösslinge zeigen, heisst es in der Beschreibung. Ich schaue alle paar Stunden mal nach, ob sie nicht doch schneller sind...

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