Oldtimertreffen

Jung und Alt wird sich am nächsten Wochenende in Antonina versammeln. Ein "Oldtimertreffen" steht auf dem Programm. Bis zu 4000 Touristen werden erwartet und 260 antike Automobile. Ich bin schon gespannt.

Als ich noch für die Zeitung unterwegs war, durfte ich hin und wieder kleine Reportagen über solche Treffen schreiben. Spannend fand ich jedesmal das Oldtimertreffen der "Buldogs". Bei einem dieser Anlässe, fuhren alte und neue Traktoren auf. Wie Spielzeuge muteten die landwirtschaftlichen Fahrzeuge aus den dreissiger Jahren an, als sie neben den neuen "Schlüters", die teilweise so hoch wie zwei Stockwerke waren, zu stehen kamen. Der älteste Traktor, an den ich mich erinnern kann, war aus dem Jahr 1926 und kam mit seinem Herrn aus Österreich angereist. Beinahe hätte ich gesagt "zu Fuss" angereist. Der alte Buldog war nämlich keinesfalls auf einem Hänger transportiert worden, sondern tuckerte bei seiner Reise zwei Tage lang über die Landstrassen. Heute gibt es nicht einmal die hochmodernen Schlüters, Riesentraktoren.

Bin schon gespannt, was am kommenden Wochenende in Antonina so an Oldtimern auftauchen wird. Drei Tage lang wird gefeiert, mit Rockbands, Country-Musik, Preisverleihung und einigen Rundfahrten. Sogar aus den Nachbartstaaten São Paulo und Santa Catarina werden Fahrzeuge erwartet.

Wir haben das Ereignis schon einmal zum Anlass genommen, um die Lanchonete der Schwiegermutter gehörig einzuweihen. Es wird ein "Café Colonial" geben. So etwas wie ein Brunch, ein Studentenfrühstück, wie es vor der Einführung des tollen englischen Namens hiess. Wir werden ein riesiges Büffet aufbauen mit Kuchen, Semmeln, Brot, Wurst, Käse, Eiern, Honig, Papaya, Kaki-Früchte, Orangen, Ananas und was sonst noch so an Früchten derzeit hier wächst. Ich werde Vollkornbrot backen, Maracuja-Marmelade und Bananengelee machen, und eine Art Frischkäse mit Kräutern. Ausserdem habe ich schon angefangen, Lebkuchen zu backen. Ja, Lebkuchen. Wir haben Winter und mit dem Backen heize ich das Haus ein.

Am liebsten würde ich gleich schon zum Essen anfangen. So wie es aussieht, werden wir aber eher auf der anderen Seite des Tresen stehen. Hoffe ich. Ich gehe doch davon aus, dass ein paar Leute sich in die Lanchonete verirren werden. Bis jetzt führt sie leider immer noch ein eher verwaistes Dasein. Heute sind zwar etliche Leute daran vorbei gerannt, aber eben nur vorbei und nicht hinein. Während ich der Schwiegermutter in der Lanchonete zur Seite gestanden bin, hat Alessandro schon damit angefangen, einen Platz für das erste kleine Häusle freizulegen. Es wird eher ein "Hüttchen" werden, 3,5 mal 4,5 Meter. Ich würde es mal als Ständerbauweise mit vermörtelten Bambuswänden beschreiben. Ist schnell zusammen gezimmert und soll uns als Zeltersatz dienen, wenn wir mal auf dem Grundstück übernachten wollen. Später können wir es dann als "Dschungelhütte" an Touristen vermieten. Alessandro hat einen schönen Platz ausgewählt. Mitten zwischen Guaven-Bäumen und Baumfarnen. Er hat auch schon gleich die Kokospalme gepflanzt und die Bergpalme ebenso. Dann kam einer der Nachbarn und hat ihm noch zwei kleine Juçara-Palmen geschenkt, die aus denen das Palmito gemacht wird.

Ich bin schon jetzt ganz aufgeregt, wenn ich daran denke, dass wir der Traumverwirklichung immer näher kommen und bald am Rande der Mata Atlântica wohnen werden, dem Regenwald, der noch viel gefährdeter ist als der Amazonasregenwald, weil es von ihm nur noch so um die 7 Prozent der ursprünglichen Fläche gibt. Blöderweise sind einige der Reste der Mata Atlântica zudem ausgerechnet in den Gebieten, die der Herr Lula so gerne "entwickelt" sehen möchte. Entwickelt mit dem Anbau von Zuckerrohr, das dann in Form von Alkohol quer um die Welt geflogen werden soll, damit in Europa, Japan und den USA weiterhin jeder mit dem Auto herumdüsen kann, wie er will. Globalisierung, heisst das, trägt den Mantel des Umweltschutzes, weil Erdöl eingespart wird, dient zur Bereicherung einiger weniger Grossfarmer und ist im Grunde nichts anderes als eine weitere Zerstörung der Natur. Nebenbei werden noch die Preise der Lebensmittel steigen. Nein, nicht bei euch, sondern hier in Brasilien. Schon kurz nach der Ankündigung des Interesses von Herrn Bush am brasilianischen Alkohol, zogen die Preise für Soja-Öl, Bohnen und Getreide an. Es gibt hier zwar etliche Hektar, die nicht bewaldet sind, brach liegen und sich zum Anbau von Zuckerrohr eignen. Doch sind die nicht immer da, wo der Grossfarmer sie gerne hätte. Vor seiner Haustür. Also wird umgeplant. Gestiegen ist auch die Inflation. Da kam dem Herrn Lula der UNO-Bericht gerade recht, dass all dies am hohen internationalen Preis für Getreide liegen würde, weil immer weniger Getreide angebaut würde (auch in Brasilien (!), Grossfarmer bauen lieber für den Export an, als für den inländischen Markt, auf dem sich nicht so viel verdienen lässt, wie auf dem internationalen...). Und überhaupt sind eigentlich die bösen OPEC-Länder schuld, weil die den Ölpreis so in die Höhe getrieben habe, dass der Transport unbezahlbar würde und genau darunter würden eben die armen Staaten und Entwicklungsländer leiden. Stimmt sie leiden darunter. Ich frage mich aber, warum eine Regierung alles tut, um ausgerechnet weiter den Export von landwirtschaftlichen Gütern zu fördern, um dann Getreide und andere Dinge teuer international einkaufen zu müssen, statt erst einmal auf die Selbstversorgung zu setzen. Grossfarmer sind mächtige Menschen. Sie sitzen nicht auf Traktoren. Sie sitzen im Parlament, in Governadorssesseln (Ministerpräsidenten) und vor allem sitzen am längeren Hebel. Wahrscheinlich wird sich diese Weltordnung auch bald wieder in Argentinien einstellen. Bisher hat die neue Präsidentin Argentiniens die hohe Exportsteuer noch nicht gekippt. Seit einigen Wochen gibt es aber massive Proteste von Landwirten, wie es offiziell heisst. Sie wollen weiterhin exportieren. Ohne Steuern. Weiterhin den Reibach machen, ohne sich damit zu befassen, dass der Weizen, den sie nach Brasilien und in die USA verkaufen, im eigenen Land fehlt, dass deswegen die Preise im eigenen Land steigen, dass deswegen wieder mehr Menschen hungern werden. Ich hoffe, die Frau Kirchner, hält durch.

So, jetzt lasse ich die globale Politik wieder sein und gehe erst einmal in die Küche. Da warten drei dutzend Passionsfrüchte darauf, in Marmelade und Saft verwandelt zu werden und vielleicht in "Creme"... lecker....

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Ja,"Die Herren", die überall an den Schaltstellen und in den Machtzentralen sitzen,......und sich die Taschen vollstopfen, wo nicht an andere, nicht mal an die Menschen im eigenen Land gedacht wird.......Solange an solchen Positionen immer noch überwiegend Männer "herrschen", wird es den Leuten nicht besser gehen!!
Zu bewundern sind die paar wenigen Frauen, die versuchen was zu verändern, aber leider dem Druck der "Herren" nicht lange genug Stand halten, bevor sie abgesägt, aus ihren Positionen entfernt werden, einfach in der Versenkung verschwinden,......und wollen sie dann immer noch nicht aufgeben, fallen sie einfach einem Attentäter zum opfer.......wie schon passiert.....
So sieht die Welt der Männer aus!
Aus dem patriarchalen Denken heraus suchen die Menschen nach den Ursachen von Leid, Hunger, Kriegen ect...Aber niemand kommt auf die Idee, dass es doch an den Männern, Machthabern liegen könnte. Kriege werden sogar noch verteidigt,....die "kurbeln" ja die Wirtschaft an. Oder, was ich auch immer wieder höre,...."in uns allen steckt ein kleiner Hitler".....
Blödsin sage ich! Matriarchale Gesellschaftsformen beweisen, dass es keine Kriege geben muss, keine Herrscher, und es trotzdem allen Menschen gut geht kann. Daran sollten sie sich mal ein Beispiel nehmen!
Es ist sehr zu hoffen, dass sich das in den kommenden Generationen verändern wird, auch wenn wir es wahrscheinlich nicht menr erleben.
Ja, ein Thema zum aufregen! Mein Kommentar war, hoffe ich, nicht zu radikal. Ist einfach nur meine Meinung.
Herzliche Grüße
Monika
Sá Fortes DESIGN hat gesagt…
Querida Gabriela,

como você está????
Fiz um site pra mim e resolvi procurar o seu site para colocar no meu e encontrei esse blog....
http://safortesdesign.blogspot.com

Saudades....

Beijos
Ursel hat gesagt…
Liebe Gabriela,

ja, ich frage mich auch, ob die Inflation nicht übertrieben wird momentan..
es heisst ja, sogar in Europa wäre die Inflation momentan stärker.
Habe jedenfalls immer noch Sehnsucht nach "Lidl", wo ich immer wusste, was was kostet..
Hier ist es ja manchmal Lottospiel, wann und wo man z.B. Milch kauft, vor allem in grösseren Mengen wie bei uns.

Ganz liebe Grüsse und gutes Gelingen beim Backen und Einkochen,
und : macht's Euch warm und gemütlich !!

Ursel

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