Nasse Sache

Was guckst du so mit deinen Glupschaugen?

Über sieben Ecken mit dem Laubfrosch verwandt und wie selbiger mit Haftscheiben ausgestattet, die ihm das Gehen an Wänden erleichtern. Sitzt da und sieht mich an. Als wollte er sagen, "mach's doch nach, wenn du kannst". Kann ich nicht. Will ich nicht. Zu nass die Wand.

Mitten in der Nacht krachte es, dass es mich sicher aus den Schlaf gerissen hätte, wäre ich nicht dank meiner momentanen Schlafunfähigkeit sowieso noch auf gewesen. Vor dem Computer sitzend und lesend vertrieb ich mir die Stunden während denen andere schlafen. Das war auch Vorgestern so. Und es war unser Glück. Ein Gewitter liess ungeheure Wassermassen vom Himmel gen Erde und auf das Hausdach strömen. Fast unbemerkt bildete sich auch ein kleiner Strom unter meinen Füssen. Ich sass im Trocknen und hatte plötzlich nasse Füsse.

Unter dem Tisch hatte sich schon eine Pfütze gebildet, die unseren Computer als Inselflüchtling erscheinen liess. Er stand auf einen Pappsockel. Der war jetzt pitschnass. In Windeseile zog ich Stecker, Stöpsel, Kabel, rettete das gute Stück und lagerte es auf dem Bett. Der Schreibtisch war zu voll mit allerlei Dingen.

Mit Handtüchern versuchte ich Staudämme gegen die sich ausbreitende Pfütze zu bauen. Das Übel war das Telefonkabel. Da war ich mir sicher. Es hängt von der Decke herunter. Als die Leute von der brasilianischen Telekom - der Name hält, was er verspricht - das Kabel verlegt hatten, hatte ich das schon moniert, weil ich genau das befürchtete, was jetzt eingetreten zu sein schien: entlang des Kabels floss munter ein Bach von Wasser herunter. Nein, nein, hatten sie mir damals gesagt. Da wär doch noch ein Dach drüber. Das Dach ist immer noch drüber, die Füsse waren trotzdem nass.

Um der Pfützengenerierung ein Ende zu bereiten, habe ich Eimer aufgestellt, im Bad und im "Büro" unter dem Telefonkabel.

Bei Tage betrachtet, zeigte sich der Mangel. In einer Regenpause kletterte Alessandro durch die kleine Luke im Bad auf den Speicher. Auch da: Pfützen. Er hat sie beseitigt, mir die mit Wasser gefüllten Eimer durch die Luke nach unten gereicht. Dann fand er eine kaputte Dachplatte. Nein, Dachpappe baut hier keiner als Regenschutz ein. Manche verlegen zwar eine Folie, bevor sie die Dachplatten darüber legen. Das ist aber eher eine Gewohnheit der Reichen oder der Städter. Wo wir leben ist der überwiegenden Mehrheit der Bauherren ein solcher Brauch völlig unbekannt. So wunderte es mich nicht, dass es in besagter Nacht auch bei ein paar Nachbarn ins Haus reinregnete.

Wir dachten, mit dem Austausch der Dachziegel sei das Problem behoben. War es aber nicht. Am Abend fing es wieder zum Regnen an. Und zum Tropfen. Nochmal durch die Luke gequält, alle Dachziegel mit Taschenlampe bestrahlt. Ganz am Ende entdeckte Alessandro das Übel. Ein winzig kleiner Riss, in der untersten Dachplatte. Die liess sich nicht von innen austauschen.

Über den Gummibaum stieg Alessandro bei strömenden Regen auf das Dach. Die Leiter des Nachbarn war kaputt. Von unten leuchtete ich die defekte Stelle an. Dann sollte ich ihm den Dachziegel zuwerfen. Nach oben gesehen folgte das nächste Dilemma. Irgendetwas landete in meinem Auge, sorgte dort für einen kratzenden Schmerz. Selbst mit Wasserspülungen liess es sich nicht entfernen.

Wir sind nach Praia de Leste gefahren, in der Hoffnung, dass es dort einen Erste Hilfeposten gibt, der 24 Stunden geöffnet ist. Mittlerweile war es 24 Uhr und ich war halbblind. Der Posten war geschlossen. Wieder umgedreht, in die andere Richtung gedüst, um in Matinhos Hilfe zu suchen. Mit einem Auge sah ich noch, dass die Nadel der Tankanzeige auf Rot stand. Zu spät. Ausserhalb der vierwöchigen Touristenzeit schliesst hier alles spätestens um 18 Uhr, auch Tankstellen. Die nächste offene war mehr als 30 Kilometer entfernt. Doch es kam das doppelte Glück. Ich musste nicht ins Buschkrankenhaus. Eine Apotheke war noch geöffnet. 24 Stunden-Service. Sie haben mir Tropfen ins Auge geträufelt und siehe da, ich konnte wieder sehen. Das Benzin hat noch bis nach Hause gereicht. Die letzten Meter zum Carport haben wir das Auto rollen lassen.

Jetzt ist wieder alles zum Besten. Dach repariert. Der Regen bleibt draussen. Nur die Wände sind noch nicht so ganz trocken. Und ich frage mich, wie es wohl sein wird, am Rande des Regenwaldes in einem Lehmhaus zu wohnen.... Ich werde einen ökologischen Dachpappenersatz suchen!

Kommentare

Sati hat gesagt…
Langweilig wird es bei euch wohl nicht... Mit den besten Wünschen für eine erholsame Glückssträgne, Anuja
Sati hat gesagt…
Glückssträhne!!! heißt es natürlich
Anonym hat gesagt…
Hallo Anuja,

danke, deine Glückssträhne können wir gebrauchen. Obwohl ich es mittlerweile schon als Glück ansehe,wenn es nicht noch schlimmer kommt, als es ohnehin schon kommt...

gruss auch an den Raben...
Gabriela
der Gauzibauz hat gesagt…
Liebe Gabriela,

möge euer Vorhaben bestens gelingen!
Und möge der Mut euch nie verlassen!

Liebe Grüsse//Erika

Nettes Fröschle!
Ursel hat gesagt…
Ach Du Sch.. !!

Na, Du bist ja auch schon voll "inkulturiert" :)
Ich hoffe, Deinem Auge geht's wieder gut ?!
Nen Frosch hatte ich hier zwar nicht, wohl aber schon eine Nacktschnecke mitten in Carolina's Bett ;)
Ist es wieder ganz trocken bei Euch im Haus ?
Hier tropft's zum Glück nur auf dem Dachboden und ab und zu etwas durch die Fenster. Ansonsten können wir von Glück reden !

LG und vielleicht doch noch bis die Tage
Ursel
Juansi hat gesagt…
Glück im Unglück!

Aber sag mal, wieso können sich nur die Reichen Dachfolie leisten? Ich stelle mir vor, dass Plastikfolie bestimmt billiger ist als alles Andere, was sonst auf die Dächer kommt (außer Pflanzenteile). Würden es zur Not auch Plastiktüten tun, schuppenartig übereinander gelegt?

Ich wünsche Dir jedenfalls immer ein dichtes Dach
Juansi
Anonym hat gesagt…
Hallo Juansi,

es ist weniger eine Frage des Geldes. In der Hinsicht sind viele Brasilianer uns Bayern sehr ähnlich. "Des kenn'ma ned, des hamma no nia ned g'braucht und des wer'ma a in Zukunft so macha wia mas owei g'macht ham." Viele haben davon aber auch einfach noch nie gehört und selbst wenn, ist es eben nicht üblich, eine Dachabdichtung zu verwenden. Gleiches gilt für Isolationsmaterial, um im Sommer die Hitze nicht so ins Haus zu lassen. Einfachstes Material wären Tetrapaks, so wie du schreibst, schuppenartig übereinander getackert. Kostet nichts und isoliert nachgewiesenermassen. Wir sammeln auch schon kräftig Milchtüten, die dann als Dachpappenersatz dienen werden. Schliesslich sind sie ja auch noch wasserdicht. Allerdings erinnert das schon wieder einige an Favelas und Armut und schon alleine deshalb wollen sie kein Plastik oder Tetrapak verwenden, selbst dann nicht, wenn es hilft und kostenlos ist.
Dass sich vor allem Häuser von reicheren Dachpappen oder Folien aufweisen, liegt daran, dass betuchtere Menschen und Städter in der Regel eine bessere Bildung haben, besser informiert sind und sich ausgebildete Architekten leisten, die wissen, dass Dachpappe oder ähnliches eine äusserst praktische Anglegenheit ist und hilft, die Bausubstanz zu bewahren.
Das mit den "Pflanzenteilen" ist auch so eine Sache. Wird Schilf, Gras, Palmenblätter oder ähnliches richtig verwendet, sind die so gebauten Dächer durchaus wasserdicht. Ich denke da nicht nur an die grossen Indio-Häuser, die als Gesellschaftshaus dienten und mit Gras gedeckt wasserdicht waren, sondern auch an die Reetdächer in Norddeutschland. Es scheint, wir haben da einiges an Wissen und Können verloren.

Danke für all die lieben Wünsche! Auch dir Gauzibauz!

Ich hoffe, wir können mit unserem Häusle bald loslegen und dort ein wasserdichtes Dach bauen...

Ursel, Nacktschnecke im Bett ist auch nicht schlecht. Das hatten wir zum Glück noch nicht. Wahrscheinlich zu viel Sand ums Haus herum hier...

liebe Grüsse euch allen

Gabriela

Beliebte Posts aus diesem Blog

Stachelpalme mit Frucht

Endlich, mein Stachelbaum:

Regentagblues

Invasion beim Nachbarn

Mitten im Winter wird es Sommer