Schweißtreibendes Weihnachten

Kleine Tropfen formen sich auf meiner Stirn, bilden Rinnsale, die sich ihren Weg über die Schläfen bis zum Kinn bahnen, über das Nasenbein bis zu deren Sptize, über die Lippe bis zum Eingang im Mundwinkel, um dort abzuregnen. Grau-braune Streifen und einen salzigen Geschmack hinterlassen sie dabei. Ich versuche, mich möglichst nicht zu bewegen, um die Schweißströme in Zaum zu halten. Es gelingt mir nur schwer. Ab und zu muss ich meinen Impulsen nachgeben und Stirn, Gesicht und Dekoltee abwischen, mich trocken legen.

Mit einemal ist die ganze Hitze des Sommers hereingebrochen. Weihnachten und kein kühler Wind in Sicht. Zum Glück kommt braut sich abend für abend ein kleines Gewitter zusammen. So sinkt die Temperatur von 35 auf angenehmere 29 Grad. Was bleibt ist die hohe Luftfeuchte. 100 Prozent. Da bleibt der Luft kaum Platz für ein wenig Sauerstoff.

Alessandro döst auf dem Sofa. Er ist geschafft von unserer "Frommen-Wunsch-Tour". Wie die heiligen drei Könige sind wir von Haus zu Haus gezogen, an rot gegrillten Touristen vorbei, um Tanten, Onkels und Freunden ein schönes Weihnachtsfest zu wünschen. So ist es Sitte hier. So haben wir es gemacht und dabei Bier, Wein und Batida de Abacaxi (Schnapps mit Creme und Ananas) kredenzt bekommen.

Es war ein sehr schönes Weihnachtsfest. Zum ersten Mal in seinem Leben hat Alessandro es nicht zusammen mit seiner Mama verbracht. Die vergangenen Jahre war es immer ein Fest. Mit Hof und Staat, Töpfen und Truthahn, Bettwäsche und Getränken zog sie am 24. jeweils in unser Haus ein. Freunde, Verwandte und deren Kinder und dessen Freunde im Gepäck. Dann wurde zusammen gekocht, bis ins Morgengrauen gefeiert und wurden Schlafplätze gesucht. Heuer war es unser erstes Weihnachten zu zweit. Angenehm still und friedvoll nur unterbrochen von ein paar Feuerraketen um Mitternacht, die ein paar Nachbarn unter lautem Getöse gen Himmel schossen.

Wir hatten ein kleines Festmahl bereitet, eine Kerze angezündet und um Mitternacht dem Vollmond unsere Grüsse dargeboten. Es war ein sehr, sehr schönes Weihnachtsfest. Da sag' ich nur in Haindlings Manier "Danke".

Kommentare

der Gauzibauz hat gesagt…
Es lebe der grosse Unterschied!
Ich könnt beim Tippen Handschuhe gebrauchen. Sicher nicht mehr als 10° trotz Heizung. Wenn ich ein Butterbrot mit ins Bett nimm, g´friert es mir fast an die Finger :)

Frohe Weihnachten euch allen!
mondin hat gesagt…
Wir haben es dieses Jahr auch endlich mal geschafft, uns von der Grossfamilie abzukoppeln, wenigstens an Heilig Abend.
Ein bisschen Privatleben tut auch gut :)
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo Erika,
nimm lieber 'ne Wärmeflasche mit ins Bett... Vor lauter Sommer hier habe ich gar nicht mitbekommen, dass es jetzt so kalt ist bei euch. Da siehst du mal meine Ignoranz. Ich schicke dir mal einen Strahl Hitze rüber...
ganz liebe Grüsse
(P.S. Alessandro befand, dass dein Süsser aussieht, als ob er eine Harley hätte. Das sollte ich dich unbedingt fragen, meinte er...)

Hallo Ursel,
so ein deutsch-brasilianisches Weihnachten ist doch schöner als ein brasilianisch-deutsches, oder? Ich habe es auch genossen, auf die Familienfete zu verzichten.
Liebe Grüsse
Gabriela
Sati hat gesagt…
Hola, Gabriela!
Ich lese gerade mit Freuden deine letzten Posts - und, daß es nun tatsächlich geklappt hat. Ich freue mich. Und finde es erstaunlich, mutig und goldrichtig, daß ihr euch jetzt auf dieses Abenteuer einlaßt. Viel Spaß und natürlich Erfolg dabei. Das der Ort mit dem Bambus verwurzelt ist, ist sicher auch kein Zufall.

Dein Mann zeigt mir übrigens meine gesammelten Vorurteile über brasilianische bzw. südamerikanische (und üebrhaupt südländische)Menschen und besonders auch Männer: Ich dachte, die können gar nicht gut mit der Einsamkeit, weil meist in größeren Familienverbänden aufgewachsen und an diese auch im Erwachsenenalter noch meist fest angeschlossen. Außerdem gerade die Männer meist in Rudeln zusammengeschlossen, Karten spielend und/oder würfelnd, sich darstellend.

Finde ich wirklich schön, daß der einen anderen Weg mit dir zusammen wagt! Spricht für euch.

Alles Gute, von Herzen! Falls ich zu Geld komme und mir Flug und Auszeit leisten kann, frage ich mal an, ob ihr Hilfe beim Beackern braucht.

Einen guten, frohen und glücklichen Anfang wünschen Anuja und der Rabe - schon draußen beim Weitflugtraining
der Gauzibauz hat gesagt…
@ Alessandro: Nein, kein Stahlross namens Harley, kein Pony und fast auch kein Schtiff namens VW Passat mehr. Nix mehr Commandante! Nix mehr Kapitän! (Allerdings als junger Mann war er schon Mitglied im Motorradclub)
Anonym hat gesagt…
Hallo Anuja,
Familienrudeldasein trifft voll zu. Da kracht es dann auch manchmal, weil die Verwandschaft und die Mama über alles gehen. Aber es stimmt, schön langsam traut er sich, seinen eigenen Weg zu gehen, bzw. mit mir zu gehen. Und zum beackern können wir immer tatkräftige Hände und Krallen gebrauchen....

Hallo Gauzibauz,
wer weiss, vielleicht kommt sie ja irgendwann wieder die Harley...

Wünsche euch allen einen guten übergang ins nächste Jahr,
alles Liebe
Gabriela

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