Wer zahlt, schafft an

Eigentlich wollte ich mich ja weniger entrüsten. Ein paar Themen gibt es aber, bei denen will ich gar nicht, dass mir das gelingt. Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umweltschutz, sind solche Themen. Deshalb hier ein paar Informationen anhand eines ganz realen traurigen Beispiels zu genau diesen Themen:

Wer zahlt, schafft an. Angeschafft wurde wohl auch der Mord an dem brasilianischen Journalisten Luiz Carlos Barbon Filho. Er sass in einem Strassencafé in einer Stadt etwa 228 Kilometer von São Paulo entfernt, als zwei Männer auf einem Motorrad anhielten, zielten und schossen. Es könnte ein Auftragsmord sein, mutmasst die Polizei. Feinde hatte er einige. Er schrieb über die Machenschaften einiger Politiker und Firmeninhaber.

Im Jahr 2003 deckte Luiz Carlos Barbon Filho einen Skandal auf, in dem Vereadores, so etwas wie Stadträte, und Firmeninhaber verwickelt waren. Fünf Stadträte, vier Firmeninhaber und ein Kellner wurden angeklagt Sexorgien mit Minderjährigen organisiert und an ihnen teilgenommen zu haben. Über zwei Jahre lang sollen sie sich montags getroffen haben, um 13- bis 16-Jährige gegen ein paar Reais sexuell zu missbrauchen. Montags fanden auch die Sitzungen der Camerá, des Stadtrates statt. Die meisten der insgesamt zwölf Männer wurden zu über 40 Jahren Haft verurteilt. Sie gingen in die Revision, fanden die Strafen “übertrieben hoch”.

Einige der Verurteilten flohen, andere durften die Haft in Freiheit verbringen, andere gingen zwar ins Gefängnis sind aber nach nur etwas mehr als zwei Jahren wegen “Reue” und “guter Führung” wieder auf freiem Fuss. Lediglich der Kellner, der muss seine Strafe noch abbüßen. Ihm fehlte wohl das notwendige Kleingeld, um anzuschaffen.

Einer der Bande war der Ex-Präsident der Câmara, Luís César Lanzoni. Er sollte eigentlich 45 Jahre absitzen. Seine Anwälte schafften es aber, die Strafe auf zehn Jahre zu reduzieren. Von denen hat er gerade einmal 2,5 Jahre abgessen. Jetzt sitzt er dafür wieder im Stadtrat. Bei den Wahlen im Jahr 2004 war er zwar schon rechtskräftig verurteilt und im Gefängnis, dennoch erhielt er mit die meisten Stimmen für ein Amt als Vereador, Stadtrat. Im November 2006 wurde er entlassen. Seit April hat er nun das Amt als Vereador inne und ist mit für den Bereich Sicherheit der Justiz zuständig in der Gemeinde Porto Ferreira. Der Stadt, in der Luiz Carlos Barbon Filho als Journalist arbeitete und Samstagnacht erschossen wurde. Aus Rache, wie vermutet wird. Oder weil er an einer Geschichte dran war, die nach Meinung von ein paar Anschaffern lieber unaufgedeckt bleiben sollte.

Der Fall von Luiz Carlos Barbon Filho ist keineswegs eine Ausnahme. Die Amerikanerin Dorothe Steng, die sich für Landlose, Indios und für den Schutz des Regenwaldes eingesetzt hatte, wurde im Amazonasgebiet im Auftrag von Fazendeiros und Holzfirmen vor knapp zwei Jahren kaltblütig ermordet. Vor einem Jahr traf es einen Umweltschützer bei Rio de Janeiro. Andere erscheinen hingegen “nur” in den Statistiken.

Seit Chico Mendes in den 80er Jahren hat sich offensichtlich wenig geändert. Wer im Weg steht oder unliebsame Dinge publik macht, wird bedroht, umgebracht oder mundtot gemacht und 180 Millionen Brasilianer schauen zu wie ein paar Wenige, die über Geld und Einfluss verfügen mehr oder weniger machen, was sie wollen.

Das heisst, ein paar gehen mittlerweile auf die Strassen oder machen auf Missstände aufmerksam. So haben erst unlängst Männer und Frauen 1300 Rosen am Strand von Rio de Janeiro, an der berühmten Copacabana, in den Sand gesteckt. Eine Rose für einen ermordeten Menschen. 1300 Ermordete vom 1. Januar bis zum 19. April - und das nur in Rio! Angehörige und Sympathisanten haben sich zusammengeschlossen zum "Movimento Rio de Paz". Ein Wortspiel mit Bedeutung. Movimento steht für Bewegung, Rio sowohl für die Stadt Rio de Janeiro als auch den Fluss und Paz heisst Frieden. "Bewegung Fluss des Friedens" liesse sich der Zusammenschluss übersetzen, aber auch Frieden für Rio ist gemeint damit.

Kommentare

Juansi hat gesagt…
Wirklich übel!

Und übrigens - ich mag Deinen Kampfgeist!

Herzlichst
Juansi
mondin hat gesagt…
Rio de Janeiro - der "Januarfluss"

Ein-fluss, ein Fluss
von so vielen Flüssen Brasiliens

1300 Rosen in den Sand gesteckt, aber nicht die Köpfe !

"Movimento Rio de Paz"
"Bewegung Fluss des Friedens"

Ich wünsche uns allen,
dass viel in's Fliessen kommt !!
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Liebe Juansi,
Liebe Ursel,
es bewegt sich zwar alles ganz langsam, aber immerhin, es bewegt sich irgendwie was. Das ist es, was mir hier gefällt. Es ist noch nicht alles so festgefahren, auch wenn es manchmal so scheint...
wünsche euch beiden alles Liebe
Gabriela

Beliebte Posts aus diesem Blog

Stachelpalme mit Frucht

Endlich, mein Stachelbaum:

Regentagblues

Invasion beim Nachbarn

Mitten im Winter wird es Sommer