Es papat

Es papat. Seit Wochen schon. Längst vor der Ankunft des Papas, des Pabstes Bente XVI. haben wir erfahren, auf welchem Stuhl er sitzen, von welchem Teller er essen, in welchem Bett er schlafen wird. Tische, Stühle, Bett wurden eigens für den hohen Besuch angefertigt, möglichst simpel, ohne Pomp, auf ausdrücklichen Wunsch des Pabstes, wie es hieß. Jugendliche eines Projektes haben die Möbel geschreinert.

Jetzt ist er da, der Papa und jeder seiner Schritte wird genauestens verfolgt, gefilmt, gezeigt. Ein wenig erinnern mich die Live-Übertragungen an die von der Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana vor so etwa 25 Jahren. Ein gold-rotes Logo erscheint, getragene Musik ertönt und schon sind tausende von Menschen zu sehen, die vor dem Kloster São Bento in São Paulo darauf warten, dass der Papa auf dem Balkon erscheint. Das tut er. Seit seiner Ankunft gestern nachmittag ist er dort sechsmal erschienen, hinter einer schusssicheren Glasscheibe. Er Lächelt, breitet die Arme aus, spendet den Segen und die Menschenmenge jubelt frenetisch während die Ladenbesitzer in der Nachbarschaft des Klosters darauf hoffen, dass der Pabstbesuch ihre Kassen klingeln lässt.

Papa im Papamobil, im Hubschrauber, im Merzedes. Der Papa ist allgegenwärtig. Nur nicht im Kongress. Da stimmen mal eben die Abgeordneten darüber ab, dass ihre Gehälter um 28,5 Prozent von 12.800 auf 16.500 Reais im Monat steigen sollen, während anderen Staatsdienern so zwischen vier und 17 Prozent zugestanden wird, bei einer Basis von 400 bis 3000 Reais monatlich. So ein Pabstbesuch lenkt ab.

Kaum eine Pause wird dem Papa gegönnt. Zwischen seinen Balkonauftritten darf er sich mit Politikern treffen, mit dem Präsidenten Luiz Ignacio Lula da Silva Mittagessen, in unzählige Kameras lächeln und sich mit Vertretern verschiedener Religionen treffen. Zwölf religiöse Führer, Protestanten, eine budhistische Nonne, Moslem, Rabbi begrüssen ihn, plaudern ein wenig, tauschen Nettigkeiten aus und sind sich einig: "lasst uns für den Frieden und das Wohlergehen arbeiten..." Dann geschieht Erstaunliches. Der Rabbiner Henry Sobel, ehemaliger Präsident der Congregação Israelita Paulista (CIP), der erst unlängst dabei erwischt wurde, wie er in einem Markenladen in Florida versucht hat, Kravatten zu klauen, bittet um den päbstlichen Segen und bekommt ihn. Der moslemische Religionsführer Armando Hussein Saleh überreicht dem Papa einen Schal, religiöses Symbol für Abrahamischen Monotheismus und Bento XVI bedankt sich. Darüber, was er sich bei all diesen Geschehnissen so gedacht hat, wird allerdings nichts verraten. Schade. Naja. Vielleicht kommt es ja noch. Wir werden sehen. Sehen werden wir morgen auch noch mehr vom Papa. Schliesslich hat er noch einiges an Programm zu erfüllen, bis er wieder abreist.

Trotz all der Paparei habe ich heute noch andere Dinge bewältigt, bin ein wenig herum geradelt, habe mich in der Sonne aufgewärmt und habe mir sogar einen Kostenvoranschlag von einem Glaser machen lassen. Es ist gar nicht so teuer, Glas in die Fenster setzen zu lassen. Vier Fenster und eine Glastür sind für 125 Reais, etwa 50 Euro, zu haben. Angesichts der momentanen Kältewelle werde ich morgen deshalb mal Kassensturz machen.

Kommentare

kvinna hat gesagt…
Tja, was den Papst anbelangt, braucht das Volk wohl sein Opium, oder?

Im letzten Jahr geriet in unseren Breiten doch das politische Geschehen angesichts der Fußball-WM auch ein wenig aus dem Blickfeld.

Ich denke, im doch wohl ziemlich katholischen Brasilien hat der Papst eine ähnlich seligmachende Wirkung?

Wobei, Brasilien und Fußball... :)

Fensterscheiben, ja, bei uns stürmt es grade sehr ungemütlich, da bin ich doch dankbar, dass ich alle Schotten dicht machen kann!

Und wenn es bezahlbar ist, wünsche ich dir von Herzen dasselbe!! Brrr!
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo Kvinna,
stimmt. Das Opium wird von den Medien bestens verteilt. Sprich, von so unwichtigen Dingen wie den UN-Klimaschutzgipfel in New York liest und hörst du hier nichts. Dafür erfahren wir, dass der Pabst Torteloni gegessen, ein Kind umarmt und viel Segen gespendet hat. Letzteres finde ich, die ich keiner Religionsgemeinschaft angehöre, zwar wichtig, dass darüber aber ewig breit berichtet wird, finde ich wiederum daneben. Naja. Da widme ich mich lieber meinen Fenstern. So wie es aussieht kommt am Montag der Glaser, um die Fenster richtig auszumessen, meinen Angaben traut er nicht ganz...
Liebe Grüsse in die stürmische Heimat
Gabriela

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