Von Modems und Raubzügen

Hallo kvinna,
hallo Sam,
bin keineswegs böse wegen Tipps.
Im Gegenteil.
Bin begeistert.

Also zusätzliches Modem ranhängen ist eine Idee. Morgen fahren wir in die Stadt, da werde ich mal in einem Laden Erkundigungen einholen und eins besichtigen, damit ich weiss, welches "Lego" ich aus dem alten PC stöpseln muss...

Das neueste was hier gerade so an Netztechnik angeboten wird, ist Internet, Kabelfernsehen und Telefon alles über ein E-Kabel. Kostet etwas mehr als ein Festnetzanschluss bietet aber Breitbandtechnik. Jetzt kommt der Haken. Den "Kabelanschluss" gibt es wohl schon in einigen Gegenden Brasiliens, nicht aber hier am Strand. Auch wireless klappt nicht, weil dazu eine Antenne notwendig wäre (ähnlich der für Handys) und um so eine aufzustellen müssten sich 500 Leute schriftlich für einen Anschluss verpflichten, wie Alvaro herausgefunden hat. In den beiden Sommermonaten findest du die locker. Von den tatsächlichen Bewohnern dieses Fleckchens Erde hier dürften aber gerade einmal ein gutes Dutzend das Internet nutzen und die Sommertouris verpflichten sich natürlich nicht, das ganze Jahr über jeden Monat eine Gebühr zu zahlen, um wireless surfen zu können. Schade.

Werde wohl doch bei den Modems bleiben.

Jetzt kommt der Alessandro:

"Habe ich doch gesagt, dass wir das Modem austauschen müssen, aber du glaubst ja nur das, was Frauen sagen."

Genau!
Wenn ich es mir genau überlege, müsste das Modem des neuen PCs eigentlich reibungslos funktionieren. Ist immerhin teuer gekauft, der PC. Vielleicht sollten wir morgen mal in dem Laden vorbei schauen und das dort gleich umtauschen lassen. Voraus gesetzt, wir fahren wirklich in die Stadt.
Momentan bin ich etwas unentschieden. Seit einer Woche werden hier die Häuser reihenweise aufgebrochen und ausgeräumt und das nicht nur nachts.
Heute mittag, als ich gerade dabei war, den Katzen Futter in ihre Näpfe zu kippen, knallte es. Ich dachte mir noch, hat sich angehört wie ein Schuss. Schon lief ein junger Mann an unserem Haus vorbei, bog in die Strasse, die zu den Favelas führt, rannte und fluchte dabei vor sich hin. Sekunden danach wirbelte eine Staubwolke die Strasse entlang, darin ein schwarzer Monza. Wären die Strassen hier geteert, hätten die Reifen gequietscht, als er eine Vollbremsung hin legte, um die Kurve zu erwischen. Wenig später kurvte der Wagen wieder um den Block. Dieses Mal langsamer.
Der junge Mann hatte versucht, in das Haus an der Ecke einzubrechen, sei aber quasi erwischt worden, erzählten die Nachbarn. Der Mann im schwarzen Monza sei ihm nach gejagt. Wenn ich mich recht erinnere, war das der Wagen, der vor einem Jahr des öfteren vor unserem Haus parkte. Damals ging es um mein Visum. Um herauszufinden, ob ich bluffe oder tatsächlich verheiratet bin, hatte die Polizei uns diesen unauffälligen Zivilbeobachter vor die Tür gesetzt.
Den Einbrecher haben sie nicht erwischt. Es hätte mich auch eher gewundert, wenn sie ihn erwischt hätten.
Ob es der selbe war, der am vergangenen Samstag versucht hat, zwei Häuser weiter einen anderen Nachbarn auszurauben, weiss ich nicht. Gegen 19.30 Uhr kam da ein Nachbar angerannt. Im Haus des Jean sei eingebrochen worden. Er sei hin, mit dem Messer in der Hand. Es habe einen kleinen Kampf gegeben, aber der Einbrecher sei entwischt, erzählte er uns aufgebracht und bat uns, den Hausbesitzer anzurufen. Er habe kein Telefon und die nächste öffentliche Telefonzelle funktioniere nicht und überhaupt wisse er auch nicht die Nummer. Alessandro hat alle möglichen Leute angerufen, um die Nummer herauszufinden und dann beim Jean anzurufen. Der wohnt in Curitiba, ca. 130 Kilometer von hier entfernt. Sein Strandhaus nutzt er nur in den Sommerferien und manchmal am Wochenende. Letzteres kommt aber seltener vor. Die meisten Häuser hier werden nur in den acht Sommerwochen genutzt. Den Rest des Jahres stehen sie unbenutzt und vor allem unbeobachtet herum. Denn Polizeistreifen gibt es hier nur im Sommer, dann wenn der Staat seinen Bewohnern und Gästen ein wenig Sicherheit in den Tourismushochburgen bieten will. Wer nach der Saison die Polizei ruft, muss schon höchstpersönlich einen Polizisten kennen oder ziemlich viel Glück haben, damit sie einen Streifenwagen vorbei schicken.
Seu Jean hatte Glück. Er kannte einen Polizisten. Bis er von Curitiba, das Küstengebirge hinunter und hier am Strand war, dauerte es eine Weile. Gegen 23 Uhr kamen er und der Streifenwagen an. Aufgebrochene Fenster, ein wenig Chaos in der Wohnung und ein paar "Dinge" geklaut. Was für Dinge wollte er nicht sagen. Die Polizei konnte zudem nichts ausrichten. Sie sind zwar dem Dieb noch in der Nacht mit Hilfe des schlagfertigen Nachbarns auf die Schliche gekommen, haben bei ihm aber nichts gefunden. Er hatte ja auch nur ein paar Stunden Zeit, um das Raubgut wo anders unterzubringen. Der Nachbar hatte den Dieb darüber hinaus nicht wirklich mit dem Messer verletzt, wie er befürchtet hatte. Eine "wirkliche" Identifikation war deshalb nicht möglich, behaupteten die Polizisten.
In der Regel werden bei den Raubzügen vor allem Fernseher, DVD-Geräte, Computer und andere elektrische Geräte gestohlen und oft gleich noch am selben Tag verhökert. Das ist ärgerlich, weil hier keiner eine Versicherung hat und meist auch ganz schön sparen muss, um sich solche Geräte für ihre auf Pump gekauften Häuschen überhaupt leisten zu können. Mittelklasse nennen sie hier solche Menschen, die in Deutschland mit einem Einkommen unterhalb des Sozialhilfesatzes auskommen müssten. Aber das ist ein anderes Thema.
Was mich indes an der ganzen Geschichte, die sich momentan so um uns herum abspielt, ein wenig beruhigt, ist die Tatsache, dass es mittlerweile einige Nachbarn gibt, die erstens das ganze Jahr über hier leben und zweitens auch aufpassen und eingreifen, wenn es sein muss. Vor einem Jahr war das noch anders. Da waren wir hier fast die einzigen "Festbewohner". Da wurde alles geklaut, sogar Wasseruhren. Elektroleitungen und Telefonkabel wurden des nächtens von den Masten an der Strasse vor unserem Haus geholt, der Strom wurde angekappt (auch unserer!!!), bei einigen Häusern haben sie die Alu-Fensterrahmen und sogar Türen geklaut und bei uns am hellichten Tag so manche Hose, T-Shirt und Decken, die ich zum Lüften rausgehängt hatte, mitgehen lassen.

Kommentare

kvinna hat gesagt…
Hört sich ganz schön beunruhigend an. Spontan dachte ich an einen Hund, aber da täten die Katzen euch wahrscheinlich einen Vogel zeigen, oder?

Aber die Nachbarschaft scheint ja einigermaßen zu funktionieren.

Mögt ihr von dunklen Gestalten verschont bleiben, wünscht da eine, die auch 'ne tolle Narchbarschaft hat!
Stela hat gesagt…
Liebe Gabriela,eigentlich wollte ich dir schon lange eine email schreiben um dich zu trösten.
Leider musste ich-normalerweise nicht auf den Mund gefallen-feststellen, dass mir die Worte fehlten.Außerdem finde ich deine Emailadresse nirgends.
Bleibt mir nur zu sagen,dass ich weiterhin fest an dich denke und mich sehr über die unglaubliche Kraft freue mit der du das alles meisterst!
Liebe Grüße,Stela
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
hallo kvinna,
bisher hatten wir ziemliches Glück. Wahrscheinlich glauben alle, dass hier eine Hexe im Haus wohnt. Immer wieder werde ich gefragt, warum ich einen schwarzen Kater habe und ob das wegen der Magie sei... Weit weg von der Stadt sitzt der Aberglaube noch tief... und wenn ich jemanden auf deutsch nachschimpfe, denken sie wahrscheinlich, das ist Hexensprache...
Aber im Ernst. An einen Hund haben wir auch schon gedacht. Einen Huski fände ich toll. Wer weiss vielleicht eines Tages...
Bis dahin baue ich auf die Nachbarschaft. Die ist wirklich wichtig!
Danke für deinen Segen
Liebe Grüsse
Gabriela
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Hallo Stela,
wie geht es dir? muss mal wieder auf deinen blog schauen. Bin zur Zeit nur kurz bei den blogs unterwegs, die meiste Zeit verbringe ich damit, irgendwelche Infos im Netz zu suchen. Hier meine e-mail: gabelop@hotmail.com
Schreib doch bitte. Habe nämlich deine e-mail verschludert und hätte sie gerne wieder....
liebe Grüsse
Gabriela
Ursel hat gesagt…
Liebe Gabriela,

habt Ihr niemand,
der mal auf Euer Haus aufpassen kann ?
Das ist schon doof, dass man da immer so aufpassen muss.
Ich denke, wir hatten bisher einfach Glück bzw. natürlich auch 2 grosse Hunde ;)
Die sind zwar noch versoielt, flössen aber trotzdem Respekt ein.

Alles Liebe
Ursel

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