Ciao Brasilien II

"Das ist ein neuer Sport aber kein Fußball", sagt der brasilianische Kommentator entsetzt. Zweite Halbzeit. Weit und breit kein Tor in Sicht. Nur die Franzosen, die haben schon eins. Zwei Minuten vor Apfiff wachen ein paar der brasilianischen Spieler auf. Zu spät. Die Franzosen jubeln. Die Brasilianer schauen betreten, können es nicht glauben, dass das Spiel schon vorbei ist, ohne dass sie gewonnen haben.

Ciao Brasilien. Ihr seid draussen. Keine Feuerwerke, keine Jubelschreie, keine Besuche von Nachbarn wie sonst. Die gegnerische Mannschaft unterschätzt? Zu Siegestrunken? Oder einfach nur mangelnder Einsatz? "Elf Sterne machen kein Team", sagt der Kommentator. Lange Pausen wabern zwischen kurzen Sätzen. Noch so viel Sendezeit und nichts zu sagen. Erstauntes Schweigen. "Es ist nur ein Sport. Die Einen gewinnen, die Anderen verlieren. So ist das. Das Leben geht auch ohne die WM weiter", versucht er die enttäuschten Fans und ein wenig auch sich selbst zu beruhigen.

Wie üblich werden Bilder von den Großstädten eingeblendet. Dort, wo sonst jubelnde Menschen zu sehen waren, mit gelb-grün bemalten Gesichtern und Fahneschwenkend, herrscht gähnende Leere. Umgekippte Stühle, leere Bühnen, ein paar weinende Menschen. Sonst nichts. Schluss mit lustig. Schluss mit WM-Parties. Schluss mit dem Traum, zum sechsten Mal Weltmeister zu werden.

Ein bißchen tun sie mir ja schon leid. Sie waren sich so sicher. Auf die Frage, wer Weltmeister wird, gab es nur eine Antwort: "Brasilien." Und jetzt? Jetzt werde er Portugal anfeuern, sagt Alessandro schlecht gelaunt. Portugal hat immerhin einen brasilianischen Trainer und zwar den Trainer, der dem brasilianischen Team vor vier Jahren zum Titel verholfen hat. Ausserdem habe er jetzt Hunger und wolle Semmelknödel essen. Jetzt sofort.

Also gut. Vielleicht helfen die Semmelknödel ja, ihn ein wenig aufzuheitern oder zumindest zu beruhigen.

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