Muttertag

Auch für uns, die wir keine Kinder haben, ist heute ein besonderer Tag - nur anders "besonders". Anders besonders deshalb, weil viele von uns heute ein bißchen Wehmut verspüren und ein wenig Schmerz über das, was uns versagt blieb. Ja, die meisten von uns, haben nicht freiwillig auf Kinder verzichtet, wie uns schnell von allen möglichen Seiten nachgesagt wird. Bei einigen waren es medizinische Gründe, bei anderen gesellschaftliche oder partnerschaftliche Gründe. Offizielle Statistiken darüber gibt es nicht. Die Mehrheit derjenigen Frauen, die keine Kinder haben, wollten keine - so glauben zumindest die meisten Politiker und Mütter. Nein, dem ist nicht so. Die Mehrheit von uns wollte Kinder. Von den Frauen, die ich kenne und die keine Kinder haben, sind 90 Prozent ungewollt kinderlos. Ja, wir werden gerne als Karrierefrauen abgestempelt, die selbst Schuld sind. In die Karriere haben wir uns aber auch deshalb gestürzt, eben weil wir keine Kinder hatten. Was blieb uns anderes übrig? Gut, einige von uns haben sich auch in den Sport gestürzt oder sich ein Haustier zugelegt. Wir haben uns arrangiert mit unserem Leben, haben gelernt mit gedankenlosen Kommentaren umzugehen, die leider oft ausgerechnet von Frauen kommen, von Frauen die Mütter sind. Wir haben gelernt, gelassen auf die Frage zu reagieren "Und, hast du keine Kinder?" Und viele von uns haben es vielleicht auch gelernt mit den Festtagen umzugehen, die gemeinhin als Familienfeste zelebriert werden oder eben mit dem Muttertag. Doch ein bißchen Wehmut ist geblieben, wird wohl immer bleiben.

Einige Mütter werden jetzt wohl denken, naja, dafür habt ihr nicht die Sorgen und Nöte, die wir mit unseren Kindern haben. Aber wer sagt denn, dass wir die nicht gerne hätten? Und welche Mutter unter euch würde wegen dieser Sorgen und Nöte im Nachhinein lieber auf den Sohn, die Tochter verzichten, so wie wir es müssen? Nein, so einfach ist das nicht. Es ist keineswegs einfach, sich als Frau - auch als "moderne" Frau - damit abzufinden, dass das, was wir von klein auf vorgelebt bekamen, die Mutterrolle, nicht für uns gedacht ist.

Ja, ihr Mütter, es macht uns zu schaffen. Auch macht es uns zu schaffen, wenn Gräben zwischen uns Nichtmüttern und euch gezogen werden, wenn versucht wird, uns gegeneinander auszuspielen, wenn der Neid über das, was die eine hat und die andere nicht, seien es die Kinder oder die Karriere, benutzt wird, um sich zu rechtfertigen. Auch wir haben Gefühle. Wir sind auch nur Menschen. Und irgendwo sind auch wir Mütter, Ersatzmütter, wenn die Nachbarin mal schnell ihre Kinder in unserer Obhut lässt, weil sie einen wichtigen Termin hat oder zum Einkaufen muss. Wir sind Mütter, wenn wir einer Freundin, einem Freund geduldig zuhören, wenn er oder sie uns ihr Herz auschüttet. Wir sind Mütter unserer Kunstwerke, unserer Blumen im Garten, unserer Taten. Der Unterschied ist nur, dass die meisten von uns nicht geboren haben. Sonst nichts. Und auch wir haben einen Ehrentag. Nicht heute. Heute feiert ihr Mütter von Söhnen und Töchter, die bei euch oder schon in der Ferne leben. Wir aber, wir feiern am 11. Juni, dem heidnischen Festtag für die Mütter, die nicht geboren haben und die, deren Kinder nicht leben sollten.

Nichtsdestotrotz wünsche ich allen Müttern dieser Erde einen schönen Muttertag!

Ganz besonders wünsche ich das natürlich meiner Mutter, die ein wahrer Schatz ist, die mich an ihrem Ehrentag noch nie vergessen hat, die mich zum Muttertag sogar schon in den Urlaub eingeladen hat. War das ein schöner Urlaub! Wir sind bei Regen in Italien auf der Terrasse gesessen und haben Wein getrunken, sind wie Kinder im Bach entlang gelaufen und haben es uns gut gehen lassen. Plötzlich wurde aus dem Muttertag, der für mich immer besonders schwierig war, weil meine Kinder gestorben sind, ein besonderer Tag - nur eben anders besonders, aber ein Tag, der seitdem mit dieser schönen Erinnerung verknüpft ist und nicht nur mit Wehmut. Deshalb und wegen noch so tausend anderer Gründe liebe Mutti: DANKE

Kommentare

Ursel hat gesagt…
Querida !

Um abraço bem forte !!
Es gibt Gefühlssachen, die ich schon garnicht mehr auf Deutsch ausdrücken kann oder eh noch nie so treffend sagen konnte..
Um beijo
Ursel
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
liebe Ursel,
dir auch einen ganz dicken abraço. Da haben wir zwei schon einen Vorteil, was sich in der einen Sprache nicht so gut ausdrücken lässt, sagen wir einfach in der anderen... Mir geht es inzwischen auch so, dass ich manchmal am Telefeon etwas auf portugiesisch zu meiner Mutter sage, weil es im Portugiesischen einfacher oder besser beschrieben ist. Meine Mam kann natürlich kein portugiesisch... Das ist blöd, weil ich dann nachdenken muss und oft kommt es auf deutsch einfach nicht so hin...
Ganz liebe Grüsse und beijos
Gabriela
Juansi hat gesagt…
Liebe Gabriela,
danke für Deinen Text, er hat mich sehr bewegt.
In der Familienaufstellung von Hellinger sind auch gestorbene Kinder Familienmitglieder, die bis in die Gegenwart im Familienleben wirksam sind. Das kann ich gut nachvollziehen, mein Bruder starb am Tag seiner Geburt. Seit ich mich bei einer Aufstellungsarbeit über einen Stellvertreter mit ihm austauschen konnte, hat sich in meinem Leben einiges gelöst. Meine Eltern hatten ihn aus Schmerz lange totgeschwiegen. Nun gehört er für mich endlich zu meiner Familie dazu, ich denke an ihn, es gibt eine Kerze, die ich anzünde, wenn die Familie zusammenkommt, und manchmal frage ich ihn um Rat.
Den 11. Juni werde ich mit Euch feiern.
Herzliche Grüße Juansi
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Liebe Juansi,
ja, die Kleinen sind Teil unserer Geschichte. Stirbt ein Baby wird die Mutter mit den Kindern, die danach geboren werden und mit denen, die davor geboren wurden, automatisch anders umgehen, was natürlich wiederum die Kinder auch entsprechend prägen wird. Es ist schön, dass du für deinen kleinen Bruder eine Kerze anzündest. Ich freue mich auch jedes Mal wieder, wenn die Kinder meiner Schwester auf das Grab ihrer Cousins und Cousine einen Palmbuschen legen oder ein Lied für sie singen. Sie gehen so natürlich damit und auch mit dem Tod um, dass ich nur jeden Erwachsenen ermuntern kann, sie entsprechend zu integrieren, wenn ein Verwandter oder Freund stirbt.

... Ja, lass uns am 11. Juni gemeinsam feiern! Eine tolle Sache!

Liebe Grüsse
Gabriela
Sati hat gesagt…
Liebe Gabriela!
Schön, was du da mit deiner Mutter zusammen unternommen hast! Und alles Gute zum Muttertag und auch demnächst am 11. Juni - das kann ich mir merken, ist der Geburtstag von meinem schon lange verstorbenen Vater - der Gute wußte erfreulicherweise nicht, an was für einem Tag er da auf die Welt kam.

Ich werde mal meinen Senf zu deinem langen und sehr persönlichen Beitrag geben, er kommt aus der ganz anderen Richtung - ist aber auch persönlich:

Ich respektiere deinen Schmerz, sicher ist es nicht leider, Kinder zu verlieren. Oder keine zu "haben", wenn eine welche möchte.

Ich gehöre jedoch klar zu den anderen 10 %, die du erwähnst und ich bin sicher, es sind ein paar mehr als nur 10 %, die für sich die "biologische Bestimmung zum Muttersein" nicht zur "gesellschaftlichen Pflichtübung" machen wollten. Meine Kinderlosigkeit ist gewollt und gewählt und ich bin damit völlig im Reinen. Denke nicht mal drüber nach - bis ich´s vielleicht irgendwo von draußen herangetragen bekomme. Natürlich hätte auch alles anders kommen können, denn stringent geplant war es nicht, nur eine Art Grundeinstellung, die sich gegebenenfalls ändern läßt. Der Fall war nicht gegeben - und mit 40 ist meines Erachtens die Grenze erreicht. Ich bin jetzt knapp 3 Jahre drüber und die Sache ist "rundum durch". "Hormonell oder biologisch" hat es mich tatsächlich nie gerufen (siehe auch weiter unten).
Diejenigen, die Kinder bekommen haben und sie großziehen, sind auch keine Heldinnen, wie ich finde, obwohl sie ja hier inzwischen wieder in die Richtung stilisiert werden. ürde mich nicht wundern, wenn unter Frau von der Leyen wieder eine Art Mutterverdienstkreuz einegführt wird demnächst.
Zu oft erzählen mir die Kindergroßzieher beiderlei Geschlechts von ihren großen Bürden, die sie zum Wohle der Gesellschaft auf sich nehmen, und wie schwer das sei. Selten höre ich davon, wieviel Freude sie sich damit selbst bereitet haben. Letzteres finde ich besonders schade für ihre Kinder!
Gar nicht zu reden von den vielen Kindern, die mal eben noch zur Rettung von bereits gescheiterten Ehen "angesetzt" werden oder aus anderen tragischen, egoistischen Gründen.
In Deutschland wird über Kinder meistens wie über "alle anderen Wirtschaftsfaktoren auch" geredet.
Ich mag Kinder sehr gern und bin grundsätzlich auf ihrer Seite!
Kinder kann man auch nicht "haben", ich finde hier die Sprache sehr bezeichnend, wie mit Kindern umgegangen wird und wie wenig sie von Erwachsenen als eigenständige Wesen akzeptiert werden.
Eltern lassen zu, daß ihre Kinder in Deutschland durch eine alberne nichtssagende "PISA-Studie" für blöd erklärt werden, statt darauf zu insistieren, daß die Inhalte der Schulen geändert werden, kinderfreundlich und lebensnah.
Usw. und so fort....
Das Leben hat soviel zu bieten - es muß wirklich nicht unbedingt mit dem Muttersein vequickt sein.
Und andere Frauen kriegen ja manchmal 5 oder 6 Kinder, so daß sich meine "Kinderlosigkeit", die ich in keiner Weise als irgendeine Form von Mangelerzeugung gegenüber der Gesellschaft (???) empfinde, obwohl das Wort -losigkeit darauf hindeutet, wieder irgendwo ausgleicht. Selbst wenn es das nicht täte, würde ich mich von niemandem dazu bringen lassen, einer vermeintlich biologischen Verpflichutng nachzukommen (die mich, wie schon erwähnt, nie gerufen hat).

Wer kinderlos ist und trotzdem gerne mit Kindern leben möchte: Es gibt sehr viel Kinder, die elternlos und/oder in Heimen sind und sich sicher über ein freundliches Zuhause und viel Zuwendung freuen würden.

Ich habe noch nie begriffen, wieso es unbedingt ein "eigenes, selbstgezeugtes Kind" sein muß. Für mich hatte das schon immer mit purem Egoismus und mit sehr viel Eitelkeit zu tun. Vor allem, wenn behauptet wird, es sei doch ein Kind der Liebe und entstanden aus dem Wunsch, etwas "von ihm/mit ihm zu haben"...etc.
Es gibt genug nicht-eigene Kinder, die Hilfe, Unterstützung und Liebe brauchen.

Es gibt Mutter- und Vatertag, beides finde ich überflüssig, denn jeder Tag ist wichtig, aber es gibt keinen Kindertag - das fällt mir eben noch ein.

Sorry, aber es mußte mal raus. Wundert mich schon mein ganzes Leben, was ich da immer zu hören bekomme.

Liebe Grüße von einem anderen Planeten Labbatú y su cuervo astronautico
Ursel hat gesagt…
Liebe Labbatú,

doch, hier in Brasilien gibt es den "Kindertag", er ist am 12. Oktober, am Tag der schwarzen Madonna, der Yemanja, der Patronin Brasiliens..
Und er wird gross gefeiert !!

Ansonsten kann ich Deinen Standpunkt auch gut verstehen.
Ich habe es nur anders empfunden und wollte dann doch schon gern Kinder von dem Mann, den ich liebe.
Ist das Egoismus ?
Vielleicht...vielleicht auch einfach nur ein gutes Recht..
Ich habe mir sehr genau überlegt, dass ich Kinder möchte und habe das grosse Glück, dass meine gesund und munter sind.
Dafür bin ich echt froh und dankbar !

Aber, wie gesagt, muss ja nicht jede so sehen und denken !

Es war aber auch gut, Gabriela's Gedanken zu lesen, da sonst echt oft gedankenlos vorverurteilt wird, dass die meisten kinderlosen Partnerschaften gewollt kinderlos seien.

LG Ursel
Sati hat gesagt…
Hallo, Ursel!
Das ist schön, zu hören, mit dem Kindertag und Yemaya. Viel Spaß schon mal vorab!
Natürlich ist es egoistisch von dir...UND dein gutes Recht (Gratuliere auch noch mal zur Entscheidung und zu "gut geratenen" Kindern!) Wenn man genau hinsieht, ist alles, was wir tun, egoistisch und wir tun es, weil wir unser Glück suchen. Mit oder ohne Kinder.
Ich konnte mich einfach nicht zurückhalten gestern mit meinem Kommentar, obwohl es um Gabriela´s persönliche Geschichte geht.
Also, für alle gute Wünsche, Labbatú y su cuervo nino
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Liebe Labbatú, liebe Ursel,
alles hat seine zwei Seiten, wie auch die Kommentare von euch hier zeigen. Das mit dem "eigenen" Kind sehe ich wie du, Labbatú. Ich hatte in Dtl versucht, ein Kind zu adoptieren, weil ich ebenso dachte, es gibt genügend ohne Eltern. Rein statistisch gesehen kommen in Dtl. aber 60 Paare auf ein Kind, das adoptiert werden kann - wohlgemerkt Kind und nicht Baby. Wir sind die Bürokratie durchlaufen, hatten aber dennoch keine Chance. Ein Kind aus dem Ausland nach Dtl. holen, wollte ich nicht. Es gibt zu viele Geschichten über "gekaufte" und "geklaute" Kinder und Kinder sind keine Ware. Hier in Brasilien könnte ich jetzt theoretisch eins adoptieren. Nur fehlt es momentan am Kleingeld. Ja, am Geld. Denn auch hier musst du nachweisen, dass du dir das Kind finanziell überhaupt leisten kannst oder du musst Staatsdiener schmieren... Auch nicht meine Sache. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass ich zwar nicht direkt mit Kindern lebe. Habe aber etliche "Kinderfreunde", die zu Besuch kommen.

Mit meinem Text wollte ich einen Kontrapunkt zur meines Erachtens völlig dämlichen Diskussion setzen, die zwischen Müttern und Nichtmüttern teilweise besteht, teilweise aber auch nur von Politikern instrumentalisiert wird, um Stimmung zu schaffen, Steuererhöhungen zu rechtfertigen, Frauen an den Herd zu rufen und, was weiß ich nicht noch. Wie schön wäre es doch, wenn wir eine tatsächliche Gemeinschaft leben könnten, so wie es früher teilweise in den Dörfern war und es heute noch bei einigen Völkern üblich ist. Es gibt sie tatsächlich die "Volksgruppen", in denen jeder anerkanntermaßen zur Gemeinschaft beiträgt, ob mit oder ohne Kind, in denen die Kinder von allen groß gezogen werden, jeder seinen Stellenwert hat und es eben nicht diesen installierten Kinder- oder Kinderlosen-Neid gibt. Schade ist, dass sich viele von uns von Politikern benutzen lassen und in die gleiche Kerbe schlagen, dass sie tatsächlich irgendwann davon überzeugt sind, dass sie mit Kindern "eine Bürde für die Gesellschaft" auf sich genommen haben, was ja keineswegs so ist, weil, wie gesagt, ja jeder irgendwie zur Gesellschaft beiträgt - egal ob mit oder ohne Kind. Jede eben auf ihre Art - und das ist es, was endlich einmal anerkannt werden muss. Und anerkannt werden muss eben auch, dass keineswegs alle Frauen ohne Kinder freiwillig auf Kinder verzichten und diejenigen, die bewusst darauf verzichten eben auch Teil der Gesellschaft sind und zwar mit eben dem gleichen Stellenwert, der den anderen auch zugedacht wird.
Wir sind doch alle gleich Mensch!

Liebe Grüsse
Gabriela
P.S. Der gemeinsame Urlaub mit meiner Mutter war wirklich superschön! Wir haben ihn beide genossen. Manchmal war es tatsächlich so, als wären zwei Freundinnen unterwegs und nicht Mutter und Tochter, etwas, das ich mir vorher so gar nicht vorstellen konnte...

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