Heiliger Franziskus, wo bist du?

Irgendwo muss er sich versteckt haben, der heilige Franziskus. Wie käme es sonst zu all den Besuchern aus dem Tierreich. Mit zwei Pferden fing es an. Mel (übersetzt Honig), ein kleiner Brauner, hat einfach das Gartentor geöffnet und ist herein stolziert. Im Schlepptau seinen Freund, ein geflecktes Fohlen. Begeistert haben sich die zwei über unsere Wiese hergemacht, die ich schon längst mähen wollte. Weil es seit fast drei Wochen ohne Unterlass regnet, kam ich bisher noch nicht dazu. Habe sie grasen lassen. Schließlich erspart mir das ein wenig Mäharbeit. Habe sie aber beobachtet, damit sie sich ja nicht über meine Kräuter und die Blumen hermachen.

Kurz darauf gaben sich die Kolibris ein Stelldichein. An unserer Veranda haben wir eine Tränke für sie aufgehängt, mit gelben, roten, blauen Plastikblumen, in die sie ihre langen Schnäbel stecken, um das Zuckerwasser zu trinken, mit dem wir die Tränke alle zwei Tage auffüllen. Einer der Kolibris ist der Platzhirsch. Er bestimmt, wer trinken darf und wer nicht. Wer nicht, wird mit Schnabelhieben und Gekrächze verjagt. Ist die Tränke leer, fliegen die Kolibris durch das offene Fenster in die Küche, um Nachschub einzufordern. Heute hat sich ein kleiner grünschimmernder Kolibri dabei allerdings einen ganz schönen Schrecken eingefangen. Katze Sissi hat ihn entdeckt. Wie wild hat sie ihm nachgestellt, ist über den Tisch, auf den Schrank, auf den Kühlschrank gesprungen. Vor lauter Schreck hat der kleine Vogel vergessen, mit den Flügeln zu schlagen. Ist hinter dem Kühlschrank abgestürzt. Wagemutig stürzt sich Alessandro zwischen Katze, Kolibri und Kühlschrank. Der Kleine rettet sich, verhakt sich aber vor lauter Aufregung in der Küchenlampe. Alessandro befreit ihn. Da stürzt er schon wieder, der Kolibri. Dieses Mal landet er unsanft zwischen Tellern, Tassen und Besteck auf der Spüle. Nach einer kurzen Verschnaufpause schafft er es aber, sich ins Freie zu retten.

Am Abend gluckst unser Fröschlein, das sich in der Bromelie vor dem Haus eingenistet hat, leise für sich und seine Freundin ein Liedlein. Sie leben jetzt zu zweit in der Bromelie. Ein paar Meter weiter beobachtet eine Eule das Geschehen. Sitzt still auf der Gartenmauer, dreht nur ihren Kopf hin und wieder, um nach Beute Ausschau zu halten. Mir fällt "Brehm's Tierleben" und der Tierfilmer Heinz Sielmann ein. Auch die Ludwig Ganghofer-Filme schwirren durch meinen Kopf, bei denen es kaum eine Szene ohne ein Bambi, einen Falken oder einen Fuchs gab. Was ich bisher hier noch nicht gesehen habe, ist der Onza, ein Puma. Es soll ihn hier in der Nähe noch geben. Nur ein paar hundert Meter weiter fängt der atlantische Küstenregenwald an. Dort soll er nachts umher streifen. Zum Glück (und zu unseres Sicherheit) ist er sehr scheu und macht um Siedlungen einen großen Bogen.

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Vera hat gesagt…
Liebe Gabriela
herrliche Beschreibung, da werde ich ganz neidisch, Kolibiris in der Küche, Eulen vor der Tür. Allerdings habe ich als Stadtmensch auch ein paar Begegnungen: über unserem Grundstück rüttelt ein Falke, morgens kann ich die Kaninchen beim Fressen beobachten, Eichelhäher, Krähen, Meisen, Amseln, Elstern und Tauben leben in unserem Garten und ab und an huscht ein Eichhörnchen über die Wiese. Ach ja, und vor drei Jahren verirrte sich eine Fledermaus in unsere Wohnung, musste sie vor der Katze retten, hatte sie auf meiner Hand, sah total süß aus. Das war auch sehr schön. Also, je mehr ich darüber schreibe, desto kleiner wird mein Neid, aber Kolibris in der Küche, seufz, so schöne Vögel, damit kann ich nicht dienen.
Alles Liebe
Vera
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Liebe Vera,
es stimmt, mit offenen Augen begegnest du überall der Natur und den Tieren. Hier in Brasilien sind es eben nur ein paar andere Tierarten als in Deutschland. Egal, wo man ist, es tut einfach gut, sich ein wenig Zeit zu nehmen und die Tierchen vor der Haustür zu beobachten - so lange es nicht gefrässige Nacktschnecken oder Ameisen sind, die sich über die mühsam hochgezogenen Pflänzlein hermachen....
Gruss Gabriela
Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Anonym hat gesagt…
Liebe Gabriela,
wunderschön deine Tierbeschreibungen. Sind die Pferde bei dir geblieben, oder waren sie "nur" von der Göttin geschickt, für dich zu mähen? Ich finde es toll, wie du über den Puma schreibst. Bei uns hier auf der Grenze zwischen Sauerland und Bergischem Land gibt es natürlich keine. Aber im Frühjahr sind in der Nähe (an meiner bevorzugten Reitstrecke) an der Ennepetalsperre Luchse ausgewildert worden. Kannst du dir die Wogen in den lokalen Medien vorstellen? Die Bauern haben Angst, Spaziergänger haben Angst, ... Also ich hab dort noch nie einen gesehen, wenn ich rund um die Talsperre duch die Wälder reite. Ab und an ist mein Pferd nervös -was entweder von einem in der Luft stehenden Luchsgeruch oder, wahrscheinlicher, von meiner Hibbeligkeit kommen kann, weil ich doch so gerne einen sehen möchte. Sind ja nicht viel größer als Wildkatzen und haben mich wahrscheinlich schon längst mal aus einem Versteck heraus gesehen. Kolibris hats auch nicht bei uns, aber winzige Blaumeisen, punkige Haubenmeisen, dreiste Kohlmeisen, Kleiber, Specht, ... Direkt vor meinem Wohnzimmerfenster steht eine alte Linde, die mit einem Ast bei mir anklopft. Ab und an ist ein Eichhörnchen in ihr. Also habe ich auf meiner Fensterbank einen Ast so verhakt, dass es bis dahin kommen kann. Mag es aber nicht. Dafür kommen die Vögel und holen sich die Nüsse und Samen. Und wenn das Futter mal alle ist, probt eine kleine Blaumeise den Aufstand und macht solange auf sich aufmerksam (den drei Katzen hinter der Scheibe macht sie eine lange Nase)bis ich mit Nachschub komme.
Über dem Fenster, unter den Schieferplatten haben Fledermäuse Heimat gefunden. Es ist spannend zuzusehen, wenn sie morgens in der Dämmerung nach Hause kommen.
In der Steinmauer vor unserem Haus lebt eine Geburtshelferkröte. Mein Mann nennt sie Klingfrosch, weil sie uns die halbe Nacht mit ihrem Kling -Kling erfreut. :-)
Sag mal, wenn ihr Zuckerwasser für die Kolibris füttert, habt ihr keine Last mit Wespen (falls es die in Brasilien gibt) oder anderen Hautflüglern? Ich kenne das nämlich, wenn unsere Bienen im Herbst beigefüttert weerrden müssen. Bin ich nicht super ordentlich und klecker mit dem Zuckerwasser, geh ich anschließend besser flüchten.
Ich finde deinen Blick für die Natur und in die Natur einfach toll. Ich freue mich immer wieder, wenn ich feststelle, es gibt nicht nur oberflächliche Menschen deren MC Doof Müll ich oft genug am Straßenrand aufhebe.
Mit naturschwesterlichem Gruß
Anke
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Liebe Anke,
die Pferde waren leider nur zu Besuch. Heute haben sie in der Nähe am Bachufer gegrast. Ich hoffe aber schwer, dass sie mal wieder vorbei kommen. Das mit dem Zuckerwasser ist schon so eine Sache. Im Sommer machen sich auch die Ameisen darüber her. Wespen gibt es hier nicht so viele wie in Deutschland, zumindest sind sie mir bisher noch nicht so stark aufgefallen. Nur manchmal, da zutzelt auch eine Wespe an der Tränke. Das freut die kleinen gelb-braunen Vögel, deren Namen ich immer noch nicht weiß. Egal, sie schnappen sich die Insekten...
Das mit den Luchsen finde ich toll. So einen würde ich auch gerne mal sehen. Ich kann mir allerdings auch vorstellen, wie sie von der breiten Bevölkerung aus Unkenntnis und vielleicht auch ein wenig Ignoranz verteufelt werden. In der Regel machen die Wildtiere aber eh einen weiten Bogen um uns Menschen...
Toll auch: du hast einen Bienenstock. Ich habe bisher immer nur den Imkern, von denen ich Honig gekauft habe, ein wenig bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut und sie mit Fragen überschüttet. Finde es beeindruckend, wie diese kleinen Schwirrer so wertvolle Produkte für uns erstellen (Propolis, lecker duftendes Wachs, Honig...).
Ja, die Natur ist etwas sehr Schönes und ich bin froh, nicht in einer großen Stadt leben zu müssen. Ich genieße es jeden morgen wieder, wenn die Vögel anfangen zu zwitschern, und jeden abend, wenn die Grillen zirpen und die Frösche glucksen. Es hat etwas Beruhigendes und schenkt mir Geborgenheit.
auch dir "naturschwesterliche" Grüsse
Gabriela

Beliebte Posts aus diesem Blog

Stachelpalme mit Frucht

Endlich, mein Stachelbaum:

Regentagblues

Invasion beim Nachbarn

Mitten im Winter wird es Sommer