Was für ein Wahlausgang

Zum ersten Mal seit ich wählen darf, habe ich keine Stimme abgegeben. Nicht, weil ich nicht wollte. Ich hatte zu spät daran gedacht, dass das Wählen als Deutsche, die fern der Heimat im Ausland lebt, ein wenig Papierkram erfordert. Obwohl, dieses Mal fehlte mir zugegebenermaßen auch jegliche Überzeugung. SPD, CDU, FDP und die neue Linkspartei. Alle vier nicht mein Fall. Und die Senatspartei, meine bisherige Favoritin, gibt es nicht mehr. Dabei hatte sie so ein tolles Steuerkonzept vertreten, das lediglich verschiedene Umsatzsteuern erhebt und auf Lohn- und Einkommenssteuern verzichtet. Damit wäre auch der Schwarzarbeit ein Ende gemacht. Es ist das Konzept des Bundes der Steuerzahler und es funktioniert, wie Berechnungen und die Realität in einigen Ländern zeigen. In Neuseeland soll es etwas abgewandelt schon seit einigen Jahren praktiziert werden. Was hilft's, in Deutschland wird wohl weiterhin am bisherigen, nicht gerade arbeitnehmerfreundlichen, Finanzsystem geschustert werden.
Nur, wer wird denn jetzt schustern? Seit heute Mittag sitze ich schon am Computer, um mich via Internet über den wahrscheinlichen Wahlausgang zu informieren. Nach den Direktmandaten habe die SPD (223 Mandate) vor der CDU/CSU (220 Mandate) gewonnen, erfahre ich auf einer der vielen Sites. Die publizierten Hochrechnungen bei Stern, Spiegel und Co. zeigen, dass eigentlich keiner gewonnen hat. SPD, wie erwartet, abgesackt, CDU, entgegen aller Prognosen, ebenso. Beide um die 34/35 Prozent. Dabei hat der brasilianische Fernsehsender die "Anschela" vor einigen Wochen schon in einer Reportage als künftige Kanzlerin und die CDU als Gewinnerin gefeiert. Gut, in den gestrigen Abendnachrichten waren die Globoreporter etwas vorsichtiger. Sie sind aber immer noch von 49 Prozent für die Konservativen und damit von einer künftigen CDU/FDP-Regierung ausgegangen. Keine Ahnung, warum sie die Konservativen so favorisieren. Vielleicht hängt es mit der hiesigen Lula-Regierung zusammen, die der konservative Fernsehsender wohl lieber in der Opposition sehen würde. Immerhin haben Lula und Schröder gemeinsame Wurzeln: die Gewerkschaften. Lula ist aber angesichts der Korruptionsaffären, in die seine Partei verwickelt ist, momentan auf der Beliebtheitsskala nicht gerade auf Platz eins.
Jetzt steht auf den Internetsites der brasilianischen Zeitungen jedenfalls zu lesen, dass keiner gewonnen hat, die Frage nach dem künftigen Kanzler oder der Kanzlerin weiter offen ist und es wahrscheinlich eine grosse Koalition geben wird. Die deutschen Publikationen berichten, dass beide, Merkel und Schröder, ihren Kanzleranspruch schon erhoben haben. Beide Verlierer sehen sich als Gewinner. Man sollte Politiker sein. Dann könnte man im wirklichen Leben schnell aus einem Minus ein Plus zaubern.
"Was will das deutsche Volk eigentlich?" Da sind sich auch die Politjournalisten uneinig. Eine Synthese aus CDU und SPD-Kanzler Schröder. Nach Auswertung der Umfrage- und Wahlergebnisse, wäre das die richtige Antwort. Doch, das wird es wohl nicht geben. Obwohl, wer weiß. Nach der Wahl ist alles offen und ich werde mir ein paar Antworten überlegen müssen, wenn mich morgen meine brasilianischen Nachbarn fragen werden: "Warum wollen die Deutschen eigentlich keine Frau als Kanzlerin?" und "Wer regiert denn jetzt Deutschland?" Zumindest auf letztere Frage kann ich voller Überzeugung sagen: "Vamos ver" ("schau ma mal")

Kommentare

Ursel hat gesagt…
Querida Gabriela ,
vamos ver !! Exatamente :))

Wer sagt denn, dass die Deutschen keine Frau als Kanzlerin wollen ?
Aber eben nicht irgendeine Frau aus irgendeiner Partei, nur weil's eine Frau ist..

Na, das war ja wirklich spannend und wir noch spannend bleiben. Ich hab' diesmal auch das erste Mal nicht gewählt, hatte ebensowenig dran gedacht, dass der Postweg eben Zeit braucht.

Besonders interessant fand ich wiedermal, wie der Anteil der Linkspartei in den "neuen" Bundesländern und Berlin aussieht, boa 20-30 % !! Das spricht Bände; von wegen EIN Deutschland..

Die Chinelos haben gefallen, heut' war der Geburtstag. Na, dann werd' ich mal weiterbasteln.
Mich hat hier eine andere "Blogfreundin" auf 'ne Idee gebracht : wenn Du sie nach Deutschland exportieren würdest ?? Dort sind sie doch echt "exotisch", zumal mit Stickereien drauf und wer etwas Ausgefallenes liebt, zahlt bestimmt auch gerne noch das Porto drauf (das kann eigentlich in Euro auch garnicht so teuer sein).

Liebe Grüsse und bis bald
Ursel
Gabriela B. Lopes hat gesagt…
Stimmt, eine Kanzlerin wäre schon gut. Aber eben mit einer anderen Frau. Schade, dass diese andere Frau noch nicht in Sicht ist. Bin ja gespannt, wie es jetzt weiter geht...

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